Dübendorf – Wasserdampf kann schwer Verbrennungen verursachen, auch wenn die Wunde oberflächlich zunächst oft harmlos erscheint. Mitarbeiter der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) haben erstmals gezeigt, warum Wasserdampf eine solche "perfide Wirkung" haben kann. Den Ergebnissen zufolge kann die oberste Hautschicht ihrer Schutzfunktion bei Verbrennungen mit Wasserdampf nicht nachkommen.

Passieren kann dies beispielsweise beim Abseihen von Nudeln. Verbrennungen mit Wasserdampf sind tückisch. Denn es kann sein, dass die Verbrennung oberflächlich harmlos aussieht, wenn die Haut dem Dampf nur kurz ausgesetzt ist. Dennoch kann die untere Hautschicht starken Schaden nehmen. Warum das so ist, war bisher unklar.

Schweizer Forscher der Empa-Abteilung Biometric Membranes and Textiles haben dieses Rätsel gelöst. "Wir konnten zeigen, dass die oberste Hautschicht, die Epidermis, ihre Schutzfunktion bei Wasserdampf nicht richtig wahrnehmen kann", wie Rene Rossi, Leiter der Forschungsgruppe, berichtet.

Dampf dringt durch Hautporen

Der Dampf dringt durch die Hautporen auf die untere Hautschicht, Dermis oder Lederhaut genannt. "Erst dort kondensiert der Dampf, gibt dadurch seine Wärmeenergie direkt auf die empfindliche Lederhaut ab – und löst direkt Verbrennungen zweiten Grades aus", so Rossi.

Untersucht haben die Wissenschafter ihre These an Schweinehaut. Die Forscher setzten diese heißem Wasserdampf oder trockener Hitze aus und analysierten anschließend den Wassergehalt der verschiedenen Hautschichten mittels Raman-Spektroskopie. Das ist eine Methode, die Aussagen über Materialeigenschaften durch die Streuung von Licht erlaubt.

Die Experimente zeigten, dass die Hitze bei einer Wasserdampfexposition schneller und tiefer in die darunterliegenden Hautschichten eindringt als dies bei trockener Hitze der Fall ist. Bereits in den ersten 15 Sekunden steigt der Wassergehalt aller Hautschichten an.

Für Wassermoleküle durchlässig

Dies liegt daran, dass die oberste Hautschicht Poren aufweist, die meist viel größer sind als ein Wassermolekül. So kann der Wasserdampf ungehindert durch diese durchschlüpfen. Erst wenn die Epidermis durch die aufgenommene Wassermenge aufgequollen ist, werden die Poren zu klein für den Wasserdampf. Dann ist der Schaden in der unteren Schicht allerdings bereits angerichtet, wie die Forscher in der Zeitschrift "Scientific Reports" berichteten.

Ein Problem bei allen Verbrennungen ist der sogenannte Nachbrenneffekt. Die Haut gibt die aufgenommene Wärme nur relativ langsam wieder ab. Das bedeutet, dass die Hitze länger auf das Gewebe einwirken und es schädigen kann.

Bei Verbrennungen mit Wasserdampf ist der Effekt oft besonders stark, weil die Hitze so schnell tief eindringen kann. "Bei einer Dampfverbrennung muss die Haut deshalb lange und ausdauernd gekühlt werden", sagte Rossi. Zwei Minuten im Eisbad reichen dabei nicht, um die hohe Energiemenge abzuführen. (APA, red, 9.5.2018)