Playmobil-Dioramen stellen im Mauterner Römermuseum das Leben des heiligen Severin nach.

Foto: A. Lorenz

Der Rugierkönig Fewa ist schlecht beraten von seiner Frau Giso.

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Der Tribun Mamertinus besiegt die Räuber bei der Tiguntia.

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Schiffe aus Raetien bringen Vorräte und beenden die Hungersnot in Favianis.

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Seit dem ersten nachchristlichen Jahrhundert war Noricum römische Provinz gewesen. Legionslager, Kastelle und Wachtürme waren errichtet und mehrfach umgebaut worden. Straßen waren gebaut worden, und Zivilsiedlungen und Handelsbeziehungen waren entstanden.

Der Tod Attilas und in weiterer Folge der Zusammenbruch des Attilareichs hatten im Donauraum nach 453 ein Machtvakuum geschaffen. Im fünften Jahrhundert nach Christus brach die römische Staatsverwaltung und damit auch die Provinzverwaltung zusammen. Die Grenzbesatzung löste sich auf. Sold gab es keinen mehr. Die Limesorte waren ständig Belagerungen, Plünderungen und Zerstörungen durch verschiedene Interessengruppen ausgesetzt. In Favianis stand, anders als in anderen Limesorten, noch eine reguläre Garnisonstruppe unter dem Befehl eines Tribunen namens Mamertinus. Er hatte allerdings nur wenige und schlecht ausgerüstete Soldaten unter seinem Kommando (paucissimi milites).

In diese Zeit des Umbruchs fällt das Leben und Wirken des heiligen Severin in Ufernoricum.

Das Alltagsleben am norischen Limes

Die vita sancti severini erzählt vom Leben am norischen Limes am Ende der Spätantike und ist damit eine unschätzbare Quelle für diese Zeit. Während der Mönch Eugippius 511 über Wunder und Geschehnisse im Leben des Heiligen erzählt, erfahren wir zwischen den Zeilen über politische Verhältnisse und vor allem das Alltagsleben am norischen Limes.

Dabei besaß der heilige Severin in Noricum weder den Charakter eines römischen Magistrats noch das Mandat eines patrimonialen Beamten. Die vita sancti severini erlaubt weder, Severin als geweihten Priester noch als Mönch anzusprechen. Es war also kein Amt und keine Verantwortlichkeit, die den heiligen Severin zum Entwicklungshelfer machte, sondern vielmehr die Bereitschaft zu helfen, einfach weil er gebraucht wurde.

Severins politischer Einfluss

Severin nutzte seinen politischen Einfluss, seine offenbar vorhandenen Beziehungen und sein Charisma, um etwa Verhandlungen mit den Rugiern zu führen, die auf der anderen Seite der Donau ihre Herrschaft etabliert hatten. Er kaufte Gefangene frei, organisierte Hilfslieferungen für die romanische Bevölkerung und sorgte für eine koordinierte Verteilung der Lebensmittel. An einigen Stellen der Vita warnt der heilige Severin die Bevölkerung vor bevorstehenden Kriegshandlungen und Überfällen, über die er – durch seine politischen Kontakte – offensichtlich gut genug informiert war.

Favianis, dessen Zuordnung zum heutigen Mautern an der Donau mittlerweile als gesichert gilt, war einer der Hauptwirkungsorte des heiligen Severin. Hier gründete der Heilige nach seiner Ankunft in Favianis – nicht weit von der Stadt entfernt – ein Kloster. In der Vita werden eine Klosterkirche (basilica), eine Klosterpforte (ianua monasterii) und ein Pförtner (aedituus) erwähnt. In der Kirche selbst befanden sich ein Altar (altarium) und ein Silberkelch (calix argenteus). Die Angehörigen der hier ansässigen Mönchsgemeinschaft nennt Eugippius "monachi", den Abt "presbyter" und die Priester "sacerdotos". Severin selbst zog sich immer wieder in seine rund eine Meile von Favianis entfernte Einsiedelei zurück – offenbar ein ehemaliger Wachturm (burgus), der in der Nähe der Weinberge lag.

Archäologisch sind die genannten Orte nicht fassbar

Bei der Grabung von 1957 bis 1958 wurden von Herma Stiglitz (ÖAI) zwei Gebäude freigelegt, die häufig als Severinskloster interpretiert wurden. Die im Gebiet des Vicus Ost gelegenen Gebäude sind ursprünglich kaiserzeitlich. Spätere Umbauphasen sind wahrscheinlich, spätantike Funde fehlen aber gänzlich. Im Südteil des einen Gebäudes wurde eine apsidiale Mauer angetroffen, die nach Westen ausgerichtet war und die als Priesterbank interpretiert wurde. Vor dem Podest befand sich der Rest eines kleinen halbrunden Fundaments. Der zusätzlich mit einem Estrich belegte, saalartige Innenraum besaß einen zehn mal 5,50 Meter großen Raum, der nur durch eine schmale Holzwand abgetrennt war. Bei den Gebäuden handelt es sich vermutlich um Wirtschaftsgebäude, die kaiserzeitlich genutzt wurden. Eine Datierung in die Spätantike ist nicht belegt. Ob es sich bei der nur bruchstückhaft vorhandenen Mauer um einen sakralen Raum handelt, ist nicht mehr zu klären.

Auch die Severinsklause in einem ehemaligen Burgus (ad vineas) konnte bisher nicht zugeordnet werden und wird wohl – aufgrund der Nutzung eines bereits bestehenden Gebäudes – auch in Zukunft nicht zuordenbar sein.

Spätantike Grabbeigaben

In den beiden größeren, an den Ausfallstraßen des Kastells gelegenen Gräberfeldern sind allerdings Bestattungen aus dem fünften Jahrhundert dokumentiert, die die spätantike Bevölkerung von Favianis etwas greifbarer machen.

Grabbeigaben aus dem spätantiken Bereich des Gräberfelds Ost werden derzeit im Rahmen der Ausstellung "Severin – Held und Heiliger" im Römermuseum Mautern gezeigt. Anhand der Beigaben werden Aspekte des Lebens am norischen Limes im fünften Jahrhundert thematisiert. Etwa die Auflösung der militärischen Organisation, die Nahrungsknappheit, das frühe Christentum und die Kontakte mit dem Kremser Rugierreich.

Ergänzend zeigt die Ausstellung, was anhand der Funde nicht nachvollziehbar ist: Szenen aus der vita sancti severini sind in Playmobil-Dioramen nachgestellt. So kämpft etwa der Tribun Mamertinus mit seinen paucissimi milites als Playmobil-Tribun an der tiguntia gegen die Räuber, und Playmobil-Schiffe bringen den ersehnten Nachschub an Nahrungsmitteln aus Raetien. (Katharina Kalser, 10.5.2018)