Israels Soldaten auf den Golanhöhen sind in Alarmbereitschaft.

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Die Reaktion, so Israels Sicht, folgte prompt und war eindeutig: Nachdem der Iran in der Nacht auf Donnerstag 20 Raketen von Stellungen in Syrien aus in Richtung des von Israel besetzten Golan abgefeuert hatte, griff Israel wenige Stunden später dutzende iranische Stützpunkte in Syrien an: darunter die Abschussgeräte, mit denen die Raketen abgefeuert wurden, Logistik-, Munitions- und Geheimdienstzentren sowie Luftabwehrsysteme. Berichten zufolge wurden 23 Menschen getötet, es handle sich um die schwersten Angriffe auf Stellungen in Syrien seit dem Waffenstillstandsabkommen von 1974. Allerdings nicht um die ersten in den vergangenen Wochen: Immer wieder hatte Israel zuvor Stellungen des Iran in Syrien beschossen, aus Sorge vor einer Antwort des Iran waren Teile der besetzten Golanhöhen seit Mittwochabend evakuiert worden.

Der Militärexperte der Tageszeitung "Haaretz", Amos Harel, analysiert, dass Israels den Iran in seinem Bestreben, eine Militärpräsenz in Syrien aufzubauen, um Monate zurückgeworfen habe. "Die Streitkräfte haben fast die ganze iranische Infrastruktur in Syrien zerstört", sagte Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman am Donnerstag und wollte damit noch einmal Stärke demonstrieren: "Wenn es in Israel regnet, wird es in Syrien schütten."

"Eiserne Wand" Israel

Warnungen von politischer Seite waren bereits in den vergangenen Wochen immer wieder zu hören: "Wer uns verletzt, den verletzen wir", sagte Premier Benjamin Netanjahu. "Die Feinde, die uns mit der Zerstörung drohen, sollen wissen, dass sie auf eine eiserne Wand treffen."

Die Lage auf den Golanhöhen hatte sich in den vergangenen Tagen und Wochen immer weiter zugespitzt: Mitte der Woche – zur gleichen Zeit als Trump aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausstieg - öffnete Israel die Luftschutzbunker in den Ortschaften im Nordosten, zog Reservisten ein, meldete ungewöhnliche iranische Aktivitäten in Syrien. In der Nacht zum Donnerstag, kurz nach Mitternacht, geschah dann, was viele befürchtet hatten: Auf den Golanhöhen heulten die Sirenen.

Die Armee berichtete, dass iranische Quds-Einheiten 20 Raketen von Syrien aus abgeschossen hatten, von denen es 16 gar nicht bis über die Grenzlinie schafften und die restlichen vier vom israelischen Luftabwehrsystem "Eiserne Kuppel" abgefangen wurden. Es war der erste direkte Angriff von iranischer Seite auf Israel – und er blieb zumindest aus militärischer Sicht erfolglos.

Analysten in Israel werten den Angriff als Vergeltungsschlag, nachdem in den vergangenen Wochen mindestens zweimal iranische Stellungen in Syrien angegriffen worden waren, darunter im April die T4-Basis, wobei auch sieben Iraner getötet wurden. Diese Angriffe werden Israel zugeschrieben, auch wenn sich weder die Armee noch Politiker dazu äußern. Teheran hatte gedroht, zu reagieren.

Keine Verletzten

Das Leben auf den Golanhöhen geht indes wie gewohnt weiter: Die Menschen gehen zur Arbeit, Kinder zur Schule. Bei den Angriffen in der Nacht wurde niemand verletzt. Und doch stellt man sich in Israel nun die Frage, wie es weitergeht und ob ein Krieg mit dem Iran droht.

"Wir sind nicht an einer Eskalation interessiert", sagte Verteidigungsminister Lieberman am Donnerstag. "Wir wollen Syrien nicht erobern, uns nicht in den Bürgerkrieg einmischen. Wir hoffen, dass sie eines Tages aufhören werden, über die Zerstörung Israels zu sprechen." Die wohl derzeit größte Gefahr wäre, dass sich die Hisbollah ihrem Verbündeten Iran anschließt und mit in die Auseinandersetzung einsteigt.

"Der Spielball ist jetzt auf iranischer Seite", analysiert Sicherheitsexperte Nitzan Nuriel vom internationalen Anti-Terrorismus-Institut in Herzlia. "Es liegt am Iran, ob er entscheidet, die Reibereien zu verstärken, oder ob er versteht, dass er derzeit nichts anrichten kann. In diesem Fall wäre es das Ende dieses kurzen und aggressiven Konflikts." (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 10.5.2018)