Darf nach seiner juristischen Rehabilitierung wieder kandidieren... und pokert damit: Silvio Berlusconi.

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Es muss die beiden Alphatiere eine schier unglaubliche Überwindung gekostet haben: Der künftige Ministerpräsident Italiens soll weder Luigi Di Maio – Spitzenkandidat der vom Starkomiker Beppe Grillo gegründeten Fünf Sterne-Bewegung – sein noch der Chef der stramm rechten Lega, Matteo Salvini. Darauf einigten sich am Samstagabend der Anführer der "Grillini", die bei der Wahl Anfang März stärkste Einzelpartei wurden, und der Chef des ebenfalls siegreichen Rechtsbündnisses, aus dem der konservative Ex-Premier Silvio Berlusconi mit seiner Partei Forza Italia erst vor wenigen Tagen ausgestiegen war.

Genau dieser Silvio Berlusconi war zwei Monate lang der Hinderungsgrund für die Bildung einer Koalitionsregierung gewesen; erst durch seinen Rückzug wurde der Weg für Di Maio und Salvini frei, zu einem gemeinsamen Regierungskonzept zu kommen.

Technokrat soll zum Zug kommen

Große Überraschung also nach einem Vier-Augen-Gespräch der beiden ehrgeizigen Spitzenkandidaten: Ministerpräsident einer aus rechten sowie weitgehend ideologiefreien Parteien soll – so erklärte Di Maio am Samstagabend – ein "Techniker" werden, ein überparteilicher, mit Expertise ausgestatteter Technokrat. Wer das sein könnte, darauf habe man sich noch nicht festgelegt, die Personalien seien das letzte Kapitel. Nun gehe es vorerst darum, die zweimonatige Blockade zu überwinden und einen Regierungsplan zu erstellen.

Dieser erste große Schritt in den Gesprächen zwischen Lega und Fünf-Sterne-Bewegung kam nur wenige Stunden, nachdem ein Gericht Berlusconi eine konkrete Comeback-Möglichkeit eröffnet hatte: Nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Korruption eigentlich bis 2019 mit einem Ämterverbot belegt, wurde der bald 82-jährige "Cavaliere" am Samstag rehabilitiert und darf auch selbst wieder bei Wahlen antreten – und muss nicht Ersatzleute und Strohmänner in die erste Reihe schicken.

Berlusconi lehnt sich zurück und wartet ab

Kaum verwunderlich, dass Berlusconis Anhänger keinerlei Interesse mehr daran haben, eine Regierungsbildung zu begünstigen. Sie wollen wieder selber vorne stehen und fordern bereits vehement Neuwahlen.

Berlusconi aber pfiff sie zurück und gab vorerst den coolen Oppositionspolitiker: Er habe Zeit, er lehne sich zurück, warte ab und wolle genüsslich dabei zusehen, wie es Di Maio und Salvini "zerreiße" beim Versuch, Italien zu regieren. Seine offensichtliche Überlegung: Wenn Di Maio und Salvini scheitern, wird der Weg ohnehin frei zu Neuwahlen, bei denen er trotz seines fortgeschrittenen Alters wieder selbst kandidieren darf.

Pokerspiel mit Neuwahldrohung

Di Maio und Salvini hatten sich bisher nicht vor Neuwahlen gescheut, sie hatten sogar direkt mit solchen gedroht. Doch die Aussicht, gegen einen rehabilitierten Berlusconi antreten zu müssen, der diesen juristischen Umstand zweifellos geschickt für sich ausnützen würde, hat für die beiden einen neuerlichen Urnengang plötzlich sehr unattraktiv werden lassen. Denn bei aller berechtigten Kritik an Berlusconi in seiner viermaligen Funktion als Ministerpräsident: Als Wahlkämpfer war er stets eine Macht – und so wäre es auch dieses Mal. (Gianluca Wallisch, 13.5.2018)