Um verdächtige Fahrzeuge stoppen zu können, dürfen Zollbeamte auch die Geschwindigkeitsbeschränkungen überschreiten.

Foto: apa

Wien – Zollbeamte sind mitunter rasant unterwegs. Verfolgen sie ein verdächtigtes Fahrzeug, sind sie, ähnlich wie Polizisten, nicht an die Tempolimits auf den Straßen gebunden. Sie sind dann "bevorzugte Straßenbenützer", wie es in der Straßenverkehrsordnung heißt.

Für den Beamten G. war am 17. Mai 2016 so ein Tag, an dem er es etwas eiliger hatte. Um das Nummernschild eines Fahrzeuges aus einem Nicht-EU-Land genauer lesen zu können, trat er auf einer Bundesstraße im Großraum Wels aufs Gaspedal seines Dienstautos, eines silbergrauen Škoda, und wurde dabei geblitzt.

Keine Strafe bei Einsatzfahrten

So weit, so unspektakulär. Üblicherweise werden solche Überschreitungen auf dem kurzen Dienstweg mit der Bezirkshauptmannschaft (BH) geklärt. Liegt eine Einsatzfahrt vor, muss die Anonymverfügung, in dem Fall ging es um 50 Euro, natürlich nicht bezahlt werden.

Beim Zollbeamten G. wurde aus dem kurzen Weg aber ein recht langer. Er musste fast zwei Jahre prozessieren, um letztlich auf allen Ebenen zu gewinnen. Der Gerichtsprozess förderte einen mitunter eigenwilligen Umgang mit Zollbeamten zutage.

Eine Minute zu früh

Aber der Reihe nach. Am Anfang stand das Problem der Überpünktlichkeit. Laut Dienstplan sollte die Einsatzfahrt am 17. Mai 2016 erst um 14 Uhr beginnen. G. wurde aber bereits um 13.59 Uhr geblitzt, also eine ganze Minute vorher.

Sein Einsatzleiter bestätigte zwar, dass es sich trotzdem um eine Einsatzfahrt gehandelt hatte, diese Bestätigung leitete G.s Vorgesetzte K. aber nicht an die BH Grieskirchen weiter. Warum, konnte im Prozess nicht wirklich geklärt werden. K. berief sich nämlich auf die Amtsverschwiegenheit, was bei der mündlichen Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht Anfang Februar 2018 durchaus für Verwunderung sorgte. Andere Beamte hatten nämlich mit der Amtsverschwiegenheit kein Problem und sagten ganz normal aus.

Info nicht weitergeleitet

Die BH Grieskirchen erfuhr jedenfalls nichts von der Dienstfahrt. Ganz im Gegenteil: Kurz nachdem die Vorgesetzte K. die Bestätigung für die Dienstfahrt per Mail bekam, informierte sie die BH, dass aus ihrer Sicht keine Dienstfahrt vorliege, und übermittelte gleichzeitig die Privatadresse G.s sowie dessen Geburtsdatum, wodurch von der BH ein Strafverfahren gegen den Beamten eröffnet wurde.

Das wollte G. natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Er wandte sich an das Finanzministerium und bat um dessen rechtliche Einschätzung, was ihm prompt einen Rüffel des Vorstands des Zollamtes Linz/Wels einbrachte, weil der "Dienstweg" nicht eingehalten worden sei. Die Folge: Der gesamte Fall wurde in den Personalakt aufgenommen. Üblich sei das nicht, räumte Vorstand D. ein – außer es ergebe sich "etwas Disziplinäres".

"Unzulässiger Eingriff"

Für G., der sich, wie im Prozess deutlich wurde, gemobbt fühlt, war das nur ein weiterer Grund, sich gegen die Vorgesetzten zu wehren. Bis er Recht bekam, sollte aber noch einiges an Zeit vergehen. Vor einigen Wochen veröffentlichte das Bundesverwaltungsgericht nun sein Urteil, das sich für das Zollamt Linz/Wels nicht gerade schmeichelhaft liest.

Die Übermittlung von G.s Namen, Geburtsdatum und Privatadresse an die BH stelle einen "unzulässigen Eingriff in das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Geheimhaltung seiner personenbezogenen Daten dar", heißt es darin. Auch für die Aufnahme des Falles in den Personalakt gebe es "keine ausreichende Rechtfertigung", weil es sich um eine "überschießende Datenübermittlung" gehandelt habe.

Und en passant entdeckte das Gericht auch noch einen weiteren peinlichen Fehler. Das Formular, welches die BH Grieskirchen zur Ausforschung der Lenkerdaten bisher verwendete, sei schlichtweg "nicht rechtskonform". (Günther Oswald, 17.5.2018)