Wien – Die Halbierung der Entschädigung für ältere Lehrlinge in überbetrieblicher Ausbildung wirft noch einige Fragen auf. Das Arbeitsmarktservice hat ja beschlossen, die Hilfen an über 18-Jährige ab September auf 325 Euro im Monat zu kürzen. Betroffen von der Maßnahme, die laut AMS 17 Millionen Euro an Einsparungen bringt, sind 3600 Personen. Aus Arbeitsmarktkreisen ist zu hören, dass es sich dabei vorrangig um Asylberechtigte und Migranten handle.

Zudem scheine die Maßnahme den neuen Stil im AMS zu symbolisieren. Laut Insidern wurden die im Verwaltungsrat vertretenen Arbeitnehmervertretungen Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund von Regierungs- und Arbeitgebervertretern einfach überstimmt, ohne dass es zuvor zu einer echten Kompromisssuche gekommen sei, wie aus dem ÖGB zu hören ist. Zudem sei bei der AMS-Budgeterstellung, bei der die Sozialpartner letztlich zustimmten, versichert worden, dass es zu keinen Kürzungen kommen werde.

Risiko für Länder

Der Schritt könnte überdies zum finanziellen Bumerang für die Länder werden. Denn mit der niedrigen Entschädigung sind die Lehrlinge vielfach ein Fall für die Mindestsicherung, die von den Ländern berappt werden muss. Voraussetzung ist allerdings, dass ein zu hohes Haushaltseinkommen nicht zum Ausschluss von der Sozialleistung führt. Gernot Mitter, Experte der Arbeiterkammer, sieht den Zusammenhang klar gegeben: "Der Bund entledigt sich der Kosten, die künftig bei der Mindestsicherung aufschlagen werden", sagt er zum Standard.

Arbeiterkammerexperte Gernot Mitter kritisiert das AMS.
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Er kritisiert den Schritt scharf: "Das AMS spart am falschen Ende", so Mitter. Er begründet das mit dem hohen Qualifizierungsbedarf der Personen ab 18, die über keine Berufsausbildung verfügen. Zur Erklärung: Die Entschädigung war erst im Vorjahr angehoben worden, damit die Jugendlichen einen stärkeren Anreiz zur Ausbildung erhalten, weil die Differenz zur Mindestsicherung kleiner wird.

Wien stark betroffen

Von Bedeutung sind die überbetrieblichen Ausbildungsstätten vor allem im Osten, insbesondere in Wien. Im Westen gibt es hingegen genug offene Stellen in den Betrieben, sodass die staatlichen Einrichtungen nicht notwendig sind. Die Regierung hatte in den Koalitionsverhandlungen sogar ein komplettes Ende der überbetrieblichen Lehrwerkstätten mit erwogen und mit der besseren Jobsituation argumentiert. Allerdings stieß sie dabei auf heftigen Widerstand. Dass nun vor allem Wien, und hier wiederum Personen mit Migrationshintergrund, schlechter gestellt werden, wird von der Stadtpolitik als neuerlicher Schlag gegen Rot-Grün gewertet.

Beim AMS wird betont, dass der betroffene Personenkreis nicht im Regen stehen gelassen werde. Es existiere die Facharbeiter-Intensivausbildung, bei der die Lehre im Schnellsiedekurs (1,5 Jahre) absolviert wird. Zudem wird auf das Programm der arbeitsnahen Qualifizierung in Betrieben verwiesen, an das gegebenenfalls auch ein Abschluss gehängt werden könne. (Andreas Schnauder, 14.5.2018)