Elisabeth Giacobino forscht in Paris zu Quantenflüssigkeiten.

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Die Eigenschaften von Licht haben Wissenschafter seit jeher beschäftigt. Bis heute sind diese nicht restlos geklärt. Im Bild: Eine Lichtshow in Frankfurt.

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Als der Studienanfänger Max Planck in den 1870er-Jahren in München beim Physiker Philipp von Jolly eine Empfehlung für seine Studienplanung einholte, riet ihm dieser noch ab, seine Zeit mit Physik zu verschwenden. Die Physik sei eine fast vollendete Wissenschaft, bei der es nicht mehr viel zu holen gebe.

Planck trotzte dem Rat seines Lehrers und stellte 1900 eine revolutionäre Hypothese zur Beschaffenheit von Licht auf – die Ära der Quantenphysik war damit eingeläutet. Bis heute strotzt es in der Physik von ungelösten Fragen; und aus der Entwicklung neuer Technologien, die auf den Prinzipien der Quantenphysik basieren, hat sich ein globaler Wettlauf um einen Milliardenmarkt entwickelt.

"Nützlichste in unserem Leben"

Die Frage nach den Eigenschaften von Licht beschäftigt die Physik bis heute, so auch die französische Quantenphysikerin Elisabeth Giacobino, Professorin und Forschungsdirektorin am Laboratoire Kastler Brossel der École normale supérieure und der Université Pierre et Marie Curie in Paris. Sie ist eine der führenden Persönlichkeiten der französischen Quantenwissenschaft und Mitinitiatorin der neuesten Europäischen Quanteninitiative (siehe Wissen unten). Bei einer Schrödinger Lecture der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Wien, die kürzlich in Wien stattfand, berichtete Giacobino von ihrer Arbeit.

Für sie ist Licht "das Nützlichste in unserem Leben". Seine quantenmechanischen Eigenschaften ziehen Forscher wieder in Bann: Schon länger ist bekannt, dass Licht sowohl Teilchen- wie auch Welleneigenschaften hat. Die Quantenphysik setzt fundamentale Grenzen an unser mögliches Wissen über verschiedene Eigenschaften von Licht, wie Feldstärke und Phase.

Unschärfe überlisten

Dass man aber diese Quantenunschärfe mittels gequetschter Lichtzustände auch überlisten kann, ist vor allem auch eine Entdeckung von Giacobino, die schon früh Methoden ersann, mit Mitteln der Quantenphysik selber diese Unschärfe auch wieder zu umgehen. Dass Licht sich zudem in Festkörpern wie eine Art Superflüssigkeit verhalten kann, ist eine neue verblüffende Erkenntnis ihres Pariser Teams, über die sie bei der Schrödinger Lecture berichtete.

Die Quanteneigenschaften des Lichts können für verschiedene zukünftige Geräte nützlich sein, sagt Giacobino. "Viele Leute denken daran, die Elektronik durch Lichtteilchen zu ersetzen. Denn die Eigenschaften von Licht würden sehr schnelle Schalter oder Transistoren ermöglichen." Einige Projekte im Quantum-Flagship der EU werden sich mit Licht beschäftigen, um zu ergründen, wie seine speziellen Eigenschaften genutzt werden können.

Die Lichtstrahlen der Augen

Bereits in der Antike wurde über die Natur des Lichtes diskutiert. "Die alten Griechen dachten, dass Licht aus Strahlen besteht, die nicht von der Sonne ausgesendet werden, sondern von den Augen", sagt Giacobino.

Erst später hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass Lichtstrahlen von der Sonne oder anderen Lichtquellen stammen. In der Renaissance kam der Gedanke auf, dass Licht aus Teilchen besteht – ein vehementer Vertreter dieser These war Isaac Newton. Doch dieser hatte auch Widersacher: Christiaan Huygens und Gottfried Wilhelm Leibniz setzten sich für die Wellentheorie von Licht ein, die später auch in Experimenten bestätigt worden ist.

Ein Wendepunkt ergab sich, als sich Max Planck gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Strahlung von Hohlräumen zuwandte. Um eine widerspruchsfreie Beschreibung dieser Strahlung zu geben, stellte er in einem "Akt der Verzweiflung" die Hypothese auf, dass dieses Licht in diskreten Energiepaketen, genannt "Quanten", abgegeben wird.

Welle und Teilchen

Albert Einstein vertiefte diese Quantenhypothese wenige Jahre später . Seither gilt: Licht hat sowohl Wellen- wie auch Teilcheneigenschaften. Das ist insofern paradox, als sich die Konzepte von Welle und Teilchen teilweise widersprechen: Wellen sind im Raum ausgedehnt, Teilchen hingegen an einem Ort lokalisiert. Die Doppelnatur läuft unserer Intuition zuwider, sagt Giacobino. Die Experimente zeigen, dass "die Welt wirklich so kontraintuitiv ist".

Wie sich herausstellte, weist nicht nur Licht diese Doppelnatur auf, sondern auch massive Teilchen wie Elektronen oder Moleküle. Und genau diese Welleneigenschaften sind es, die für die technischen Anwendungen so relevant sind. So bleibt die jahrtausendealte Frage nach der Natur des Lichts bis heute eine treibende Kraft auf der Suche nach neuen Erkenntnissen und künftigen Technologien. (Tanja Traxler, 19.5.2018)