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Wien – Am Freitag (18.5.) ist die Molekularbiologin Renée Schroeder 65 geworden. Im Herbst geht sie laut eigener Aussage "super geordnet" in den Ruhestand, hat aber trotzdem jede Menge zu tun: Dafür sorgen schon ihre vielfältigen Interessengebiete. Sie blickte stets über ihre Fachdisziplin hinaus und äußerte sich zu gesellschaftlichen Themen. So kritisierte die deklarierte Umweltschützerin Greenpeace-Gentechnik-Plakate und die Akademie der Wissenschaften (ÖAW), engagierte sich für den Laizismus oder trat bei den Nationalratswahlen für die Liste Pilz an.

Auch in der Forschung hat sie viele Interessen, in ihrer wissenschaftlichen Arbeit hat sie aber bereits ab der Dissertation sehr fokussiert an der Ribonukleinsäure (RNA) gearbeitet. Und zum Drüberstreuen absolvierte Schroeder im zweiten Bildungsweg die landwirtschaftliche Fachschule in Hollabrunn, um in Abtenau (Salzburg) einen Bergbauernhof erwerben und führen zu können.

Werdegang

Geboren am 18. Mai 1953 in Joao Monlevade (Brasilien) – ihr Vater, ein Luxemburger, war Elektrotechniker in der Stahlindustrie -, übersiedelte sie 14-jährig mit ihrer Familie nach Bruck an der Mur (Steiermark). 1972 begann sie ein Biochemie-Studium an der Universität Wien, das sie 1981 mit dem Doktorat abschloss.

Nach mehrjährigen Aufenthalten in Frankreich und den USA wechselte sie 1986 als Assistentin ans Institut für Mikrobiologie und Genetik der Uni Wien. 1993 habilitierte sich Schroeder mit einer Arbeit über die Wechselwirkung von Antibiotika mit der RNA, 1995 wurde sie außerordentliche Professorin an der Uni Wien und stieß – wie so viele ihrer Kolleginnen – in Folge immer wieder an die "gläserne Decke", die an Universitäten Frauen in ihrer Laufbahn behindert.

Engagement für Frauen in der Forschung

Erst 2007 gelang es ihr, diese "Decke" zu durchbrechen, als sie unbefristet zur Professorin für RNA-Biochemie am Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Wien berufen wurde – und das auch nur, weil sie ein Job-Angebot aus dem Ausland hatte, wie sie damals kritisierte. Aus diesem Grund engagiert sich die Molekularbiologin seit Jahren für die Förderung von Frauen in der Wissenschaft.

Gewürdigt wurde sie dafür 2001 mit dem von der Firma L'Oreal und der Unesco vergebenen "Special Honor Award für Frauen in der Wissenschaft". 2003 erhielt Schroeder, seit 1997 Mitglied in der European Molecular Biology Organisation (EMBO), den Wittgenstein-Preis. Im gleichen Jahr wurde sie in die ÖAW aufgenommen, zog sich aber 2012 u.a. aus Protest gegen ihrer Meinung nach nicht nachvollziehbare Entscheidungen über die Ernennung neuer Mitglieder wieder aus der Akademie zurück. 2005 wurde Schroeder Leiterin des Departments für Biochemie und Zellbiologie an der Uni Wien.

Mit Jahresbeginn hat sie dessen Leitung abgegeben, ihre Arbeitszeit aus familiären Gründen auf 20 Stunden reduziert und nun "das Gefühl, dass sich sehr viel ändert – schließlich habe ich 40 Jahre Forschung gemacht". Sie gehe dennoch mit einem "sehr positiven Gefühl", habe alles "super geordnet" und nicht das Gefühl, dass Chaos zurückbleibt – "nur meine drei Schreibtische sind nach wie vor sehr unordentlich".

Auszeichnungen, Funktionen und Veröffentlichungen

Schroeder, die 2006 das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich erhielt, war Mitglied der Bioethik-Kommission des Bundeskanzlers, Vizepräsidentin des Wissenschaftsfonds FWF und Mitglied des Rats für Forschung und Technologieentwicklung. Gesellschaftspolitisch engagierte sich Schroeder u.a. bei der "Initiative Religion ist Privatsache", die sich vor allem für das Prinzip der strikten Trennung von Staat und Kirche einsetzt.

Im Vorjahr kandidierte sie bei der Nationalratswahl für die Liste ihres Schulfreundes Peter Pilz, kam aber nicht ins Parlament. Dorthin habe sie aber gar nicht gewollt, "dazu bin ich nicht geeignet". Schroeder engagiert sich aber weiter für die Liste und baut derzeit die Parteiakademie auf, "das ist für mich aber keine Politik, das ist ein Bildungsauftrag". Und da will sie noch viel tun, "weil das ist das Wichtigste für eine offene Gesellschaft, dass die Leute gebildet sind und sich nicht leicht betrügen lassen".

Die Vermittlung von Wissenschaft an eine breite Öffentlichkeit war Schroeder immer wichtig, für ihr Engagement in diesem Bereich wurde sie vom Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten als "Wissenschafterin des Jahres 2002" ausgezeichnet. Populärwissenschaftliche Ausflüge machte Schroeder auch mit Büchern wie "Die Henne und das Ei", eines der "Wissenschaftsbücher des Jahres 2012", "Von Menschen, Zellen und Waschmaschinen" oder "Die Erfindung des Menschen". Die Arbeit am nächsten Buch hat sie gerade begonnen, Arbeitstitel: "Unsterblich". (APA, red, 18. 5. 2018)