Innsbruck/Wien – Tirols Landeshauptmann (LH) Günther Platter (ÖVP) sieht die Landeshauptleutekonferenz am Freiteag in Wien als "historische Chance" für eine Kompetenzentflechtung zwischen Bund und Ländern. Konkret ortet Platter guten Wind für die komplette Bereinigung des Artikel 12 B-VG, also jener Materien, bei denen der Bund für die Grundsatz- und die Länder für die Ausführungsgesetzgebung sowie Vollziehung zuständig sind.
"Unter dem Tiroler Vorsitz der LH-Konferenz im vergangenen Jahr in Alpbach wurde eine Länderposition ausgearbeitet, mit dem Schwerpunkt der Neuordnung des Artikel 12 B-VG. Dieser Vorschlag liegt am Tisch und mit dieser Position gehe ich am Freitag in die Verhandlungen", sagte Platter der APA. Bei Justiz- und Reformminister Josef Moser (ÖVP), mit dem Verhandlungen im Zuge der Landeshauptleute-Konferenz anstehen, ortete Tirols Landeschef "großes Interesse und Bereitschaft, diese Themen anzugehen".
"Wir brauchen nicht weniger Föderalismus, sondern den Mut zu einem klaren Föderalismus. Und klarer Föderalismus bedeutet klare Kompetenzverteilung", argumentierte Platter. Die Kompetenzverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sei "komplex und teils nicht mehr zeitgemäß". Das mache die Strukturen teuer und undurchschaubar. Über den Handlungsbedarf bestehe seit Jahren Konsens, so Platter: "Nun gehört es umgesetzt."
"Zumindest ein Anfang"
Platter hofft auf eine Einigung am Freitag: "Sollte es uns nicht gelingen, alle Bereiche neu zuzuordnen, so müssen wir zumindest einen Anfang machen." Die wichtigsten Punkte gehörten "außer Streit gestellt". Strittige Bereiche müssten dann einem "Prozess zwischen Bund und Ländern zugeführt werden", meinte der Landeschef.
Zusätzlich zur Abschaffung des Artikel 12 B-VG plädierte der Tiroler Landeshauptmann dafür, die gegenseitigen Zustimmungsrechte zwischen Bund und Ländern zu reduzieren: "Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Bundesregierung die Entscheidungen der Landesregierung blockieren kann. Hier müssen wir dringend Vereinfachungen erreichen, die ansonsten nur zu Verzögerungen führen."
Laut dem Grundsatzbeschluss von Alpbach sollen die im Art. 12 B-VG geregelten Materien wie Bodenreform, Pflanzenschutz gegen Krankheiten und Schädlinge, Natürliche Heilvorkommen, Gesundheitliche Anforderungen für Kurorte und Kuranstalten, Mutterschaft, Säuglings- und Jugendfürsorge, Volkspflegestätten und Armenwesen in den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder (Art. 15 BV-G) wandern. Wobei bei Letzterem der Vorschlag Wiens eine Verschiebung in Artikel 11 B-VG (Gesetzgebung Bundessache, Vollziehung Landessache, Anm.) vorsieht. Stattdessen sollen die Bereiche Bevölkerungspolitik und öffentliche Einrichtungen zur außergerichtlichen Vermittlung von Streitigkeiten in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache (Art. 10 B-VG) werden. Die Themen Heil- und Pflegeanstalten sollen mit Einschränkungen sowie Elektrizitätswesen und Arbeiterrecht sowie Arbeiter- und Angestelltenschutz für die Land- und Forstwirtschaft zur Gänze in den Artikel 11 B-VG kommen. (APA, 16.5.2018)