Charles Bahr hat mittlerweile zehn Mitarbeiter. Die meisten sind so alt wie er, einige ältere gibt es aber auch. Sie sind damit betraut, vormittags ans Telefon zu gehen, wenn Bahr in der Schule ist.

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Wer sich Social Media Kanäle wie YouTube oder Instagram anschaut, merkt schnell: Die meisten alten Regeln der Werbung gelten dort nicht mehr. Wer einfach nur Botschaften schaltet, wird nicht wahrgenommen, nicht geklickt, nicht geliked, dessen Produkt wird nicht gekauft. Auf diesen Plattformen zählen Authentizität und Nahbarkeit, da zählt Kurzweiligkeit. Denn man lässt sich nicht mehr zurückgelehnt auf dem Sofa berieseln, wie früher vor dem Fernseher, sondern schnappt Werbung zwischendurch auf, etwa beim Warten auf den Bus. In den Sozialen Medien wird auch reagiert, es geht um Kommunikation.

Damit kennt sich Charles Bahr bestens aus. Der 16-jährige Hamburger – schlanke Figur, blonde, ordentlich frisierte Haare – gründete vor zwei Jahren seine Marketing-Agentur Tubeconnect Media. "Die Werbung von großen Konzernen spricht mich nicht an, die ist nicht cool, nicht kreativ, die löst nichts in mir aus". Der Grund: Sie wissen "nur auf dem Blatt Papier", was die Jungen denken, was ihre Prioritäten sind, sagt Bahr bei einem Treffen in Wien. Abhilfe schaffen will er, indem er die jungen Leute selbst die Werbung kreieren lässt.
Inzwischen arbeiten zehn Leute für seine Agentur. Die meisten davon sind so alt wie er. Ab und zu kommen auch Praktikanten, die noch jünger sind.

Verschiedenes ausprobieren

Seine Generation, die "Generation Z", sei mit den Sozialen Medien aufgewachsen, ist digital kreativ, will die Medienlandschaft aktiv mitgestalten. "Das macht uns besonders", sagt Bahr. In der Schule könne er die diversen Trends erforschen. "Ich bekomme mit, welche Apps meine Mitschüler, also die Zielgruppe, gerade nutzen".
Aktuell sind das beispielsweise Snapchat, über das sie einander Nachrichten schicken, oder Musical.ly, wo sie eigene Playback-Videos hochladen. Auf Instagram folgt die Generation Z sogenannten Influencern, neuen Idolen, die singen, Schminktipps geben oder ihren Alltag mitfilmen und kommentieren.

Mittlerweile arbeitet Bahr mit einigen großen Kunden zusammen, berät sie, hält Workshops ab. Der 16-Jährige redet viel und gibt kluge, überlegte Antworten. Was er über Gleichaltrige denkt, die noch keine Ahnung haben, was sie beruflich machen wollen? "Ich finde das völlig berechtigt", sagt Bahr. "Ich habe eben das Glück, dass ich schon weiß, was mir gefällt. Aber es gibt auch Menschen, die das erst herausfinden müssen. Und die beste Strategie dafür ist, ganz viel Verschiedenes auszuprobieren."

Findet man etwas, das man mit Leidenschaft tut, sei man am besten für das Arbeitsleben gerüstet, ist der junge Mann überzeugt. "Etwas, an dem man auch nachts noch arbeitet und zwar, weil man will, und nicht, weil man muss". Wenn jeder das konsequent berücksichtigen würde, hätte die Gesellschaft, "was dieses ganze Berufswahl-Thema angeht, viel weniger Probleme".

Solange es Spaß macht

Charles jedenfalls hat viele Leidenschaften. Er interessiert sich für sämtliche technologische Entwicklungen in "seinem" Bereich: 3D-Figuren auf Snapchat, Augmented Reality allgemein, aber auch Formate wie Podcasts. Manchmal müsse er sich selbst Ziele und Prioritäten setzen, damit sich alle unter einen Hut bringen lassen.

Wenn der 16-Jährige mit der Schule fertig ist, will er sich voll dem Chefsein widmen und das Unternehmen noch weiter ausbauen – "solange es mir Spaß macht." Und solange es läuft. Denn natürlich sei es "naiv zu glauben, dass das eigene Business-Modell immer weiter funktioniert, denn die Welt herum dreht sich ja". Und vielleicht werden YouTube und Instagram in ein paar Jahren schon nicht mehr relevant sein.
(Lisa Breit, 18.5.2018)