Amelie ist fünf und möchte gern noch weiter fernsehen. Mama besteht darauf, den Fernseher abzudrehen. Die Kleine beginnt zu betteln, raunzen und weinen, in der Hoffnung, die Mama doch noch erweichen zu können. Das geht so lange, bis der Papa es nicht mehr aushält und die Mama überredet, dass sie Amelie doch noch weiterschauen lassen soll.

Leo (acht) und Alma (fünf) haben oft Lust auf Süßigkeiten. Jedesmal, wenn beide mit dem Papa allein einkaufen gehen, kauft er seinen Kindern etwas zum Naschen. Im Gegensatz dazu hat die Mutter klare Regeln, wann es für die Kinder Süßigkeiten gibt und wann nicht. Sie versteht gar nicht, wieso es ihm kein Anliegen ist, seine Kinder beim Thema Süßigkeiten einzubremsen.

Katrin und Philipp sind sich einig. Die vierjährige Marlies soll endlich in ihrem eigenen Bett schlafen. Meist bringt Katrin ihre Tochter ins Bett und bespricht mit ihr vor dem Schlafengehen, was die Kleine machen kann, wenn sie schlecht träumt. Und auch kommt der Wunsch ins Spiel, dass Marlies versuchen soll, im eigenen Bett zu bleiben und nicht mitten in der Nacht ins Ehebett zu kommen. Jede Nacht aber schreit Marlies so laut und weint, bis Philipp die Kleine dann doch wieder ins Elternbett krabbeln lässt.

So unterschiedlich sind Elternteile

Nachdem wir in den vergangenen beiden Artikeln die Elternrolle beleuchtet haben, wollen wir diesmal – quasi als Abschluss dieser Trilogie – auch noch die Rolle der Kinder und Jugendlichen im Spannungsfeld der Erziehung zwischen den Eltern und Bezugspersonen betrachten.

Schon bevor das Kind geboren ist, haben Eltern Vorstellungen, Ideen sowie Pläne für ihr Kind und dessen Zukunft. Und eines ist in der Kindererziehung sicher: Eltern und Bezugspersonen werden sich nie in allem einig sein. Verschiedene Erziehungsideen haben nichts damit zu tun, dass der eine oder der andere Elternteil besser beziehungsweise schlechter im Umgang mit dem Kind ist.

Für Kinder kann das Leben in der Familie und zwischen den Erwartungen der Eltern besonders herausfordernd sein.
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Kinder wachsen somit von Beginn an in einem Spannungsfeld auf und müssen sich in dieser Welt der unterschiedlichen Werte, Ansprüche und Erwartungen zurechtfinden. Dies kann durchaus ein großer Vorteil für die Kinder sein, sie erleben vielfältige Art und Weisen, wie Menschen mit ihnen umgehen. Diese helfen dem Kind, selbstbewusster zu werden, sich besser orientieren zu können, Vielfältigkeit zu erleben und dem Leben offener entgegentreten zu können.

Natürlich haben Kinder eigene Bedürfnisse und Wünsche, die sich durchaus nicht immer nicht mit jenen der Bezugspersonen decken. Aber in einer Familie und jeder anderen Gruppe können die einzelnen Mitglieder niemals isoliert betrachtet werden. Jede und jeder ist in gewisser Weise von den anderen abhängig.

Dies gilt vor allem in der Erziehung und der Begegnung zwischen Eltern und Kindern. Es kann sein, dass ein Elternteil strenger und konsequenter ist, und der andere Elternteil versucht dies durch Nachgiebigkeit auszugleichen, oder dass eine Bezugsperson etwas möchte oder erwartet, und die andere wichtige Bezugsperson etwas anderes. Das verunsichert Kinder, die dann oft nicht wissen, was sie tun und wem sie gehorchen sollen oder welche Regeln gerade gelten.

Zeit für Gespräch

Einige kleine Erziehungskonflikte zwischen Elternteilen enden manchmal in einem großen Streit, weil der Alltag so fordernd ist, dass oftmals nicht genügend Zeit für das Gespräch miteinander bleibt. Da sind viele Kleinigkeiten in der Routine der Kindererziehung, die für Unstimmigkeiten sorgen können. Unzählige Situation können besser bewältigt werden, wenn genügend Zeit in das Gespräch miteinander investiert wird, der Nachwuchs seinem Alter und der Situation entsprechend miteinbezogen wird und das Wohl der Kinder und der gesamten Familie im Fokus steht.

Kompromisse finden

Im Gespräch können Kompromisse gefunden werden, die zwar nicht immer unbedingt jeden Beteiligten zufriedenstellen, aber eine momentane Lösung bringen. So wird dann oft etwas der Partnerin, dem Partner oder dem Kind zuliebe getan. Kompromisse sind prinzipiell toll, es sollte aber nicht passieren, dass immer die gleiche Person zurückstecken muss.

So ist eventuell auch das Ausprobieren von Ideen und unterschiedlichen Vorstellungen möglich. Zum Beispiel lernt eine Woche der Vater mit dem Kind, eine Woche drauf die Mutter. Und danach kann gemeinsam überlegt werden, welche Übungssituation für die ganze Familie leichter zu ertragen ist.

Loyalität der Kinder nicht vergessen

Oft kann es passieren, dass ein Elternteil etwas erlaubt, was der andere nie erlauben würde. Und dann wird daraus ein Geheimnis gemacht und vom Kind verlangt, es nicht dem anderen Elternteil zu erzählen. Dies stürzt das Kind fast unweigerlich in einen Loyalitätskonflikt, der für das Kind je nach Alter ein ziemlich großes Problem darstellt. Vom kleinen Kind bis zum Jugendlichen brauchen die Heranwachsenden in dieser Zeit Anleitung, Führung und Unterstützung.

Die Jungen machen ihre eigenen Erfahrungen und müssen diese in die Wertewelt der Bezugspersonen einordnen. Wenn Kinder in Fremdbetreuung kommen, erfahren sie zusätzliche Werte, Bewertungen und Erwartungshaltungen. Somit wird das Spannungsfeld, in dem die Kinder stehen, größer. Als Jugendliche werden dann Gleichaltrige und deren Meinungen und Werte immer wichtiger. Damit vergrößern sich die Spannungsfelder erneut – diesmal zwischen dem, was die Peergroup vorgibt, und dem, was die Eltern und die Bezugspersonen durch die bisherige Erziehung festgelegt haben.

Trotz all dieser möglichen Verwirrungen ist die Kindheit eine zumeist tolle Zeit, in der das Kind vom Neugeborenen, das noch komplett auf die Hilfe und Unterstützung der Erwachsenen angewiesen ist, irgendwann zum selbstständigen Menschen heranwächst, der mit eigenen Werten, Vorstellungen, Wünschen und Sehnsüchten ausgestattet ist.

In welchen Spannungsfeldern leben Ihre Kinder?

Sind Sie als Eltern/Bezugspersonen sich einig in dem, was Sie Ihren Kindern vermitteln und mitgeben wollen? Woran bemerken Sie, wie es Ihren Kindern mit den unterschiedlichen Werten, Vorstellungen und Erfahrungen geht? Posten Sie Ihre Erfahrungen und Ideen im Forum! (Andrea Leidlmayr, Christine Strableg, 18.5.2018)