Mit welcher Selbstverständlichkeit und Leichtigkeit Kamasi Washington die verschiedensten Sounds in seinen Klangkosmos einarbeitet, macht ihn zu einem neuen Superstar des Jazz. Jetzt gastiert der Tenorsaxofonist aus Los Angeles zweimal in Österreich: Am Samstag im Wiener Konzerthaus, tags darauf im Innviertel, wo bereits am Freitag das Jazzfestival Inntöne beginnt.
Der 37-jährige gelernte Musikethnologe schlägt zwar eine Brücke zu Hip-Hop, Pop, Funk und altem wie modernem Rhythm & Blues. Verankert ist sein Zugang aber in der politisch aufgeladenen Spiritualität des Cosmic Jazz der 1960er. Einen wesentlichen Anteil daran hat Bassist Stephen Bruner aks Thundercat, mit dem Washington seit Kindertagen befreundet ist und ab Ende der 1990er zusammengespielt hat.
Ein weiterer Kumpel und Kollege ist Steven Ellison, der unter seinem Künstlernamen Flying Lotus an der Öffnung gewohnter Stilschubladen arbeitet. Jazzpianistin Alice Coltrane, die Ehefrau von John Coltrane, war übrigens seine Großtante. Zu dieser erblichen Vorbelastung kommt Ellisons Unternehmergeist, der ihn das auf elektronische Musik spezialisierte Label Brainfeeder gründen ließ.
Wichtig: Darauf erschien 2015 auch Washingtons Studioalbum The Epic, mit dem er sich einen Fixplatz in der Musikgeschichte gesichert hat: ein fast dreistündiges Opus magnum, das mit dem Oktett The Next Step sowie einem 32-köpfigen Orchester und 20-köpfigen Chor eingespielt wurde. Ein episches Werk, das an John Coltrane gemahnt. Wobei Washington natürlich weiter geht: Er teilt die Bühne mit dem Westcoast-Hip-Hop-Star Snoop Dogg und vergleicht das Sampling im Hip-Hop mit den Neuinterpretationen von Standards im Jazz. Ein schöner Gedanke. (dog, 17.5.2018)