In der Vergangenheit waren psychiatrische Kliniken eher an den (Stadt-)Rand gedrängt worden. Nun sollen sie ins Zentrum rücken, die Psychiatrie im Wiener Otto-Wagner-Spital wird schrittweise abgesiedelt.

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Die Versorgung psychisch Kranker soll in Wien neu organisiert werden. Das sieht der psychiatrische und psychosomatische Versorgungsplan 2030 vor. Ziel ist laut der scheidenden Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ), eine wohnortnahe Versorgung zu ermöglichen.

Wie Psychiatrie in der Vergangenheit gedacht wurde, zeigt sich beispielsweise am Otto-Wagner-Spital. Die "Baumgartner Höhe" galt den Wienern lange Zeit als Synonym für psychisch krank. Die Psychiatriestation im Otto-Wagner-Spital wird schrittweise aufgelassen. Angelehnt an das Spitalskonzept 2030 sollen künftig in allen sechs Spitälern des Krankenanstaltenverbundes (KAV) psychiatrische Stationen mit Akutbetten eingerichtet werden. Ergänzend soll es in jedem der Krankenhäuser mindestens ein Ambulatorium geben, das gemeinsam von KAV und Psychosozialem Dienst (PSD) betreut wird.

Integrierte Ambulanzen

Durch die Dezentralisierung der psychiatrischen Versorgung erwartet sich Ewald Lochner, neuer Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, jeweils zehn Prozent mehr Kapazitäten für Stationen und Ambulanzen. Gleichzeitig sei das auch ein Schritt, um psychische Erkrankungen zu enttabuisieren.

Ein neuer Ansatz ist die integrierte Ambulanz, die von Mitarbeitern des KAV und des PSD gemeinsam 24 Stunden am Tag betreut werden soll. Die gemeinsame Triage, also die Beurteilung der Intensität der Erkrankung, soll dazu führen, dass ambulante und tagesklinische Angebote besser genutzt werden können und Patienten langsam in den Alltag zurückgeführt werden können. Hier soll es in der Vergangenheit oft Vernetzungsprobleme gegeben haben, was die Behandlung der Patienten erschwert hatte, erklärt Georg Psota, Leiter des PSD. Bis zum Jahr 2030 soll es etwa eine Verdreifachung der tagesklinischen Kapazitäten geben.

Sonderstatus AKH

Das Allgemeine Krankenhaus hat in dem Konzept einen Sonderstatus, im Haus am Gürtel sollen künftig hauptsächlich Spezialfälle behandelt werden. Michael Binder, Direktor des KAV, sieht Vorteile in der Dezentralisierung, damit könnten auch zusätzliche, nicht psychische Erkrankungen besser behandelt werden.

Ein heikler Punkt ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Immer wieder klagt die Volksanwaltschaft über zu wenige Plätze für erkrankte Minderjährige. Zuletzt meldete das Vertretungsnetz Patientenanwaltschaft, dass im Vorjahr erneut 60 Minderjährige aus Platzmangel in der Erwachsenenpsychiatrie untergebracht waren.

Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie

Dass hier Handlungsbedarf besteht, ist der Stadt bekannt. Lochner rechnet mit einem "massiven Plus" an Plätzen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Bis Ende des Jahres soll es 15 zusätzliche Betten in Hietzing geben, ist das KH Nord endlich eröffnet, soll es dort zusätzliche 24 Betten geben.

Wie viel der Versorgungsausbau kosten wird, steht laut Koordinator Lochner noch nicht fest. Einsparungen erwartet er sich dadurch nicht, da auch mehr Personal angestellt werden müsste. Verhandlungen mit der Gebietskrankenkasse und der Pensionsversicherungsanstalt über die Finanzierung seien am Laufen. (Marie-Theres Egyed, 17.5.2018)