Gaza – Vier Tage nach dem harten Vorgehen Israels an der Grenze zum Gazastreifen treffen sich an diesem Freitag der UN-Menschenrechtsrat und die Organisation für Islamische Kooperation (OIC) zu Sondersitzungen zu dem Thema.

Am Montag hatten die USA in einem international umstrittenen Schritt ihre Botschaft in Jerusalem eröffnet. Im Gazastreifen an der Grenze zu Israel kam es parallel dazu zu Protesten, bei denen nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza innerhalb von zwei Tagen israelische Soldaten 62 Palästinenser töteten und rund 3.000 verletzten.

Der palästinensische Ministerpräsident Rami Hamdallah reiste nach Angaben der türkischen staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu schon am Donnerstag zu dem Sondergipfel islamischer Staaten nach Istanbul. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu habe zudem mit Amtskollegen aus 37 Ländern telefoniert. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, unter dessen Leitung das OIC-Treffen stattfindet, hatte zuvor angekündigt, man werde eine "starke Botschaft" an die Welt senden. Erdogan hat das Vorgehen Israels wiederholt scharf verurteilt und als "Genozid" bezeichnet. Die Türkei hat derzeit den OIC-Vorsitz inne.

Erdogan bei Kundgebung

Erdogan will am Freitag zudem an einer Solidaritätskundgebung für die Palästinenser teilnehmen. Zu der Veranstaltung im Istanbuler Stadtteil Yenikapi werden Tausende erwartet. Erdogan hatte bereits im Dezember als Reaktion auf die US-Entscheidung zur Verlegung der Botschaft nach Jerusalem einen OIC-Sondergipfel in Istanbul einberufen. Der Gipfel hatte damals Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines Palästinenserstaates anerkannt. Israel beansprucht ganz Jerusalem als seine Hauptstadt, die Palästinenser sehen in dem 1967 von Israel eroberten Ostteil die Hauptstadt eines künftigen eigenen Staates.

Auch der UN-Menschenrechtsrat in Genf befasst sich am Freitag in einer Dringlichkeitssitzung mit der Lage nach der Welle der Gewalt am Grenzzaun zwischen Israel und dem Gazastreifen. Thema ist auf Antrag arabischer Staaten die Menschenrechtslage in den besetzten palästinensischen Gebieten. Der Rat kann die Situation zwar verurteilen, Sanktionen verhängen kann er jedoch nicht.

Proteste gehen weiter

Ismail Haniyeh, Chef der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas, hat am Freitag eine Fortsetzung der Massenproteste an der Grenze zu Israel angekündigt. "Der 'Marsch der Rückkehr' geht weiter, bis seine Ziele erreicht sind", sagte Haniyeh am Freitag in einer Moschee im Gazastreifen.

Er forderte die vollständige Aufhebung der seit mehr als einem Jahrzehnt dauernden Blockade des Palästinensergebiets am Mittelmeer.

Kritik von Uno-Menschenrechtskommissar

Der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein, hat die Gewalt israelischer Soldaten gegen Demonstranten im Gazastreifen scharf kritisiert. Der Jordanier wies Rechtfertigungen Israels zurück, dass die Sicherheitskräfte alles täten, um die Opferzahlen so niedrig wie möglich zu halten.

"Dafür gibt es so gut wie keine Anzeichen", sagte Hussein am Freitag bei der Dringlichkeitssitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf. Die Palästinenser seien unter Israel als Besatzungsmacht "eingepfercht in einen giftigen Slum von der Geburt bis zu Tod, jeder Würde beraubt", sagte Said.

Am Grenzzaun zu Gaza, wo Palästinenser seit Ende März vermehrt demonstrieren, hätten israelische Sicherheitskräfte 87 Palästinenser getötet, darunter zwölf Kinder, so Said.

Das UN-Menschenrechtsbüro hat den Einsatz scharfer Munition durch israelische Soldaten mehrfach verurteilt. Scharfschützen gegen Steine- und Molotowcocktailwerfer einzusetzen sei unangemessen.

Arabische Liga warnt

Die israelische Botschafterin in Genf, Aviva Raz Shechter, kritisierte die Sitzung per Twitter. Damit werde die Terrorstrategie der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas belohnt, die für ihre terroristischen Aktivitäten Zivilisten als Schutzschilde missbrauche.

Die Arabische Liga warnte indes die internationale Gemeinschaft davor, Botschaften in Jerusalem zu eröffnen. "Botschaften nach Jerusalem zu verlegen ist ein Akt, der dem Frieden schadet", sagte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Ahmed Abul Gheit, am Donnerstag bei einer Dringlichkeitssitzung der arabischen Gemeinschaft in Kairo. Der palästinensische Außenminister Riad al-Malaki rief die arabischen Staaten dazu auf, ihre Botschafter "für Konsultationen" aus Washington zurückzurufen. Damit solle gegen die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump protestiert werden, die US-Botschaft in Jerusalem zu eröffnen. Inzwischen hat auch Guatemala seine Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt.

Verurteilung Wiens

Der Rat der arabischen Botschafter in Wien hat in einem Brief an Außenministerin Karin Kneissl die Teilnahme des österreichischen Botschafters an Feierlichkeiten rund um die US-Botschaftsverlegung nach Jerusalem verurteilt. Dies wurde Tags zuvor in einier Dringlichkeitssitzung des Rates der arabischen Botschafter in Wien beschlossen. Die Teilnahme Österreichs an den Feierlichkeiten impliziere eine Unterstützung der Versetzung der Botschaft. Der palästinensische Botschafter Salah Abdel Shafi ist turnusmäßig derzeit Präsident des Rates der arabischen Botschafter in Wien. (APA, dpa, 18.5.2018)