Der Mann ohne Eigenschaften. Robert Musils Klassiker setzt Audi sozusagen einen Deus ex Machina als Antithese gegenüber, das Auto mit Eigenschaften – ein solches nämlich ist der neue A6.

Die Designwende hatte sich schon beim Schmuckstück A7 angedeutet, jetzt ist der A6 dran. Immer noch ganz klar ein Audi, aber mit schwingenden Flanken, dreidimensionalem Grill und jener feinen Balance aus seriös und frech, die der Limousine angemessen scheint. Besonders im Fahrkapitel ist der Wagen ein Gedicht.
Foto: Audi

Auf der Suche nach sinnvoller, ausfüllender Existenz wird die elegante Geschäfts- und Reiselimo unterstützt von Errungenschaften, die von A8 und A7 nach unten weiter gereicht wurden. "Wenn es Wirklichkeitssinn gibt, muss es auch Möglichkeitssinn geben": Getreu Musils Hypothese ist im A6 in Wirklichkeit alles an Vernetzung und Digitalisierung möglich, was verfügbar ist. Ob es auch sinnhaft ist, bleibt die Frage; Vernetzung, Vernetzung, Vernetzung – wohin soll das noch führen?

LED-Lichtspiele sonder Zahl hat der A6 zu bieten.
Foto: Audi

Mit einer eleganten Smartphonewischundweg-Bewegung deaktivieren wir also den MIB (nein, das steht nicht für Men in Black, sondern für den Modularen Infotainmentbaukasten des VW-Konzerns) und widmen uns den wirklich maßgeblichen Eigenschaften, dem Fahrkapitel zum Beispiel.

Ein ganz neues Interieur-Erscheinungsbild, das den stilistischen Wandel bei Audi unterstreichen soll.
Foto: Audi

Auto-Biografie: Mit einem Wendekreis von 11,1 m liegt der Fastfünfmetertyp annähernd auf Niveau eines A3, damit er ist agil und wendig wie ein Kompakter, nämlich mit Allradlenkung. Wir haben es im kurvigen Duoro-Tal, in Portugals "Wachau", ausprobiert, und da fiel auch noch was andres auf: Präzision und direkte Rückmeldung, bisher nicht immer eine Stärke der Audi-Lenkungen. Feinfühligkeit statt synthetischem Eindruck: Hingekriegt haben die Ingenieure das Kunststück mit einem neuen zentralen Steuergerät, das auch gleich für die Fahrwerksregelung zuständig ist, und ja: Die optionale Luftfederung mit geregelter Dämpfung ist ebenso ein Muss wie besagte Überalllenkung.

Designchef Marc Lichte.
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Der A6 rollt nicht nur komfortabler ab denn je – und sportlich gestrafft, wenn es sein soll -, er ist innen auch noch mal leiser, sodass man in einer Oase der Stille verweilen kann, sofern man sich vor dieser (der Stille) nicht fürchtet.

MLB Evo

Selbst vom Motorklang kommt nur mehr eine dezente Rückmeldung drinnen an, und damit sind wir beim Antriebskapitel: Der auf dem MLB Evo (Modularer Längsbaukasten 2. Generation) aufbauende A6 verfügt wie die größeren Brüder A8 und A7 wahlweise über ein 12- und 48-Volt-Bordnetz, ist also serienmäßig mild hybridisiert. Die zugehörige Lithium-Ionen-Batterie sitzt unterm Kofferraum, der mit 530 Litern auf Vorgängerniveau verharrt. Die Technik spart laut Hersteller auf 100 km bis zu 0,7 Liter Sprit. Motorische Startaufstellung? Ein Diesel (286 PS), ein Otto (340 PS). Weitere Aggregate folgen, der 2,0-Liter-Diesel mit 204 PS kommt auch als Fronttriebler, und außer dem 340-PS-Benziner (EU 6) erfüllen alle Motoren EU 6d-temp.

Der A6 ist serienmäßig mild hybridisiert.
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Trotz praktisch identischer Außenabmessungen gibt es innen mehr Platz, das freut die geschäftig Reisenden. Und weil Audi Pionier bei der LED-Lichttechnologie war, spielt der A6 innen wie außen alle lichtinszenatorischen Stücke. Großes Kino! Erleuchtet schreitet man von dannen. Musils Forderung nach Genauigkeit und Seele, auch der kommt der A6 nach. (Andreas Stockinger, 20.5.2018)

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