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Ungesetzliches oder Unmoralisches will Gina Haspel nicht umsetzen, versicherte sie bei ihrer Anhörung – und überzeugte damit die notwendige Mehrheit der Senatoren.

Foto: Reuters / Aaaron Bernstein

Sie hat jeden Satz sorgfältig einstudiert. Sich jedes Wort vorher zurechtgelegt. Es war ein Drahtseilakt für Gina Haspel, und um nicht abzustürzen, hat sie sich einer verbalen Akrobatik bedient, die irgendwie alles in der Schwebe halten sollte. Haspel war direkt beteiligt, als die CIA Terrorverdächtige in geheime Gefängnisse sperrte und folterte. Sie mit verschärften Methoden verhörte, wie es im Behördenjargon hieß. Nun hat die 61-Jährige aus Kentucky Geschichte geschrieben, sie ist die erste Frau an der Spitze des US-Spionagediensts. Um ans Ziel zu kommen, musste sie allerdings einen Balanceakt höchsten Schwierigkeitsgrads absolvieren.

Nein, sie würde nie wieder ein Programm verschärfter Verhörmethoden starten, um Gefangene zum Reden zu bringen, beschwichtigte sie die Skeptiker. Und nein, sie verdamme nicht, was unter George W. Bush im "Krieg gegen den Terror" geschah, beruhigte sie die Hardliner. Ihre Leute hätten sich der Werkzeuge bedient, die damals als rechtmäßig eingestuft wurden. Als sich abzeichnete, dass es nicht reichen würde, zur Vergangenheit nur halb auf Distanz zu gehen, schob sie ein Papier hinterher. Aus heutiger Perspektive gesehen seien die verschärften Verhörmethoden etwas, worauf sich die CIA nie hätte einlassen dürfen. "Die Vereinigten Staaten müssen ein Beispiel für den Rest der Welt sein, und das sehe ich genauso."

Zustimmung von Demokraten

Am Donnerstagabend schließlich wurde sie von der Kammer im Amt bestätigt, mit 54 Ja- bei 45 Neinstimmen. Sechs Demokraten, die meisten aus Bundesstaaten, in denen Donald Trump die Wahl gewann, scherten aus ihrer Partei aus. Das gab den Ausschlag.

Haspel ist eine Veteranin des klandestinen Geschäfts. Als sie 1985 beim Geheimdienst begann, schickte man sie als Erstes nach Addis Abeba. Später wechselte sie nach Baku, ehe sie ins Antiterrorzentrum der CIA aufrückte. Folgt man dem, was bruchstückhaft über ihr Berufsleben bekannt wurde, fing sie am 11. September 2001 dort an, an dem Tag, an dem in New York die Twin Towers einstürzten. Dreizehn Monate später flog sie nach Thailand, um ein Gefängnis zu leiten, das es offiziell nicht geben durfte. Eine Haftanstalt mit dem Codenamen Katzenauge.

In Südostasien hatten Agenten der CIA versucht, den Palästinenser Abu Zubaida, bei Al-Kaida für Logistik zuständig, durch Waterboarding zum Reden zu bringen. Mindestens 83-mal schnallten sie ihn auf ein Brett und gossen ihm Wasser übers Gesicht, bis er das Gefühl hatte, ertrinken zu müssen. Als Haspel die Verantwortung für das "Katzenauge" übernahm, war das Kapitel Abu Zubaida zwar schon beendet, doch zu der Zeit wurde ein zweiter Gefangener verlegt, Abdul Rahman al-Nashiri, mutmaßlicher Drahtzieher eines Attentats auf das Kriegsschiff USS Cole im Hafen von Aden. Auch er wurde wassergefoltert, diesmal unter Haspels unmittelbarer Aufsicht. Im Jahr 2005 ordnete José Rodriguez, bei der CIA zuständig für verdeckte Operationen, die Vernichtung von Videoaufnahmen aus dem "Katzenauge" an. Haspel, seinerzeit Rodriguez' Stabschefin, habe das Schreddern der Bänder befürwortet, schreibt der frühere CIA-Anwalt John Rizzo in einem Buch.

Das alles hat den Senat aufgewühlt. Einer, der dem Votum fernbleiben musste, machte von Anfang an deutlich, dass er Haspel für die falsche Wahl hält. Mit den Werten der USA sei sie nicht zu vereinbaren, warnte der todkranke John McCain, einst selbst in Gefangenschaft gefoltert. Ähnlich sahen es über 100 Ex-Botschafter der USA, die in einem offenen Brief anmerkten, Autokraten in aller Welt würden sich über die Personalie ganz sicher freuen. "Dann können sie voller Zynismus erklären, dass sich ihr Verhalten nicht von unserem unterscheidet."

"Härteres als Waterboarding"

Die Demokraten äußerten auch deshalb Bedenken, weil im Weißen Haus ein Mann residiert, der im Wahlkampf verkündete, er würde viel Härteres als Waterboarding anwenden, um Terroristen das Handwerk zu legen.

In der Ära Trump einer Frau wie Gina Haspel die Leitung der CIA anzuvertrauen ging vielen zu weit. Sie werde dem Präsidenten die Stirn bieten, falls er Ungesetzliches oder Unmoralisches von ihr verlange, entgegnete die Kandidatin. Die Zweifel hat sie damit nicht aus der Welt geschafft. (Frank Herrmann aus Washington, 18.5.2018)