Innsbruck – Mountainbiker kennen das Problem mit Fahrverboten zur Genüge. In Innsbruck, im September Austragungsort der Straßenrad-Weltmeisterschaft 2018, bekommen nun auch Rennradler die geballte Macht der Behörden zu spüren. Denn ausgerechnet auf der Schlüsselstelle des WM-Kurses, einer wegen ihrer 28 Prozent Steigung "Höll" genannten kurzen Straße, herrscht absolutes Radfahrverbot. Ein veritabler Schildbürgerstreich, der bei Veranstaltern und Radprofis für Kopfschütteln sorgt.
Stein oder besser gesagt Straße des Anstoßes ist ein kurzer, aber steiler Stich vom Innsbrucker Stadtteil Hötting hinauf auf den Gramartboden, ein beliebtes Ausflugsziel im Norden der Tiroler Landeshauptstadt. Der Anstieg wird als Schlüsselstelle des Rad-WM-Kurses bereits international beworben. Geht es nach den Veranstaltern, soll sich die Höll in die großen ikonenhaften Anstiege der belgischen und niederländischen Frühjahrsklassiker – etwa Koppenberg, Muur de Huy oder Muur van Geraardsbergen – einreihen.
Profis und Amateure pilgern schon im Vorfeld der WM nach Innsbruck, um den Anstieg selbst zu testen. Aber dort herrscht absolutes Fahrverbot – ausgenommen sind lediglich Anrainer. Lediglich zur WM soll das Verbot kurzzeitig aufgehoben werden. In einem offenen Brief an die Stadt Innsbruck machen Veranstalter und Radprofis wie Stefan Denifl, Thomas Rohregger und Georg Totschnig ihrem Unmut darüber Luft:
"Doch was müssen wir vernehmen: Am derzeit absoluten Fahrverbot, das auch für Fahrräder gilt, willst Du festhalten? Jetzt und über die WM hinaus? Das kann wohl nicht Dein Ernst sein. Willst Du dich selbst zur Stadt Schilda der Radfahrer degradieren? Nein, das willst Du mit Sicherheit nicht. Handle deshalb mit Herz und Hirn und hebe das Fahrverbot für Radfahrer auf, am besten jetzt und gleich. Wir bauen auf Deine sportliche Klugheit."
Training nur mit Ausnahmegenehmigung
Bislang ohne Erfolg. Dabei hat selbst der Obmann des Innsbrucker Tourismusverbandes, Karl Gostner, den offenen Brief der Radprofis unterstützt und in einer Reaktion darauf eine Kompromisslösung vorgeschlagen. Weil vor allem bergabfahrende Radler für Bedenken sorgen, könne man die Straße ja mittels Einbahnregelung nur bergauf freigeben.
Die derzeitige Situation zwingt nun Profis, wie zuletzt die iItalienischen Rennrad-Stars Vincenzo Nibali und Fabio Aru, sich beim Innsbrucker Stadtmagistrat für Trainingszwecke eine Ausnahmegenehmigung für die paar Hundert Meter zu besorgen. Das kostet, inklusive Gebühren, knapp 60 Euro pro Mann und Rad. (Steffen Arora, 22.5.2018)