Zwei Polizisten und Kalypso Goula, die Präsidentin der Stadtversammlung, versuchen Yiannis Boutaris, den Bürgermeister von Thessaloniki, zu schützen. Die Menge aber schaut nur zu, wie schwarz gekleidete Schläger immer wieder auf den 75-Jährigen zustürmen und ihn treten.

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Thessaloniki – Das Bild hat Griechenland schockiert: Yiannis Boutaris, der 75 Jahre alte Bürgermeister von Thessaloniki, strauchelt und geht auf die Knie, verfolgt von einem Mob rechtsradikaler Schläger. Boutaris wird mit Füßen getreten und beschimpft. Die Menschenmenge vor dem Weißen Turm, dem Wahrzeichen Thessalonikis an der Uferpromenade der Stadt, schaut zu oder filmt den Spießrutenlauf mit ihren Mobiltelefonen.

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Nur zwei Polizisten kamen dem Bürgermeister zu Hilfe. Gestützt von Kalypso Goula, der Präsidentin der Stadtversammlung von Thessaloniki, rettete sich Boutaris zu seinem Auto. Schwarz gekleidete Männer traten noch gegen die Autotüren und schlugen die Heckscheibe ein. Boutaris kommt mit leichten Verletzungen an Kopf und Rumpf ins Spital.

Goldene Morgenröte erfreut

An der symbolischen Bedeutung des Vorfalls hat eine Mehrheit der Griechen gleichwohl keinen Zweifel. Es war ein Angriff auf die Demokratie des Landes. Einhellig verurteilten die Parteien am Wochenende den Gewaltakt gegen Boutaris, einen linksliberalen Unternehmer und Querdenker. Nur die Faschistenpartei Goldene Morgenröte zeigte sich erfreut. Vier Männer wurden festgenommen und am Montag dem Richter vorgeführt. Einer soll georgischer Staatsbürger und der Polizei bereits bekannt gewesen sein; ein anderer der mutmaßlichen Schläger ist 17 Jahre alt und kommt vor ein Jugendgericht.

Boutaris hatte am Samstag an einer Gedenkveranstaltung zur Verfolgung und Vertreibung der Pontosgriechen teilgenommen. Ein größerer Teil der Überlebenden dieser griechischen Bevölkerungsgruppe, die an der heutigen türkischen und georgischen Schwarzmeerküste siedelte, war nach dem Ersten Weltkrieg in das Gebiet um Thessaloniki geflüchtet.

Boutaris, einer der größten Winzer Griechenlands, ist schon seit längerem zu einer Hassfigur der Rechtsradikalen geworden, weil er eine Beilegung des Namensstreits mit der Früheren Jugoslawischen Republik Mazedonien unterstützt. Ein Ex-Gouverneur der griechischen Region Zentralmakedonien bezeichnete Boutaris als "Cholera", die Makedonien verkauft habe. Gegen den nationalistischen Diskurs im Land redet Boutaris ebenso an wie gegen die regierende Linke, der er Populismus vorwirft. Griechenland nannte er schon einmal die "letzte Gesellschaft und Wirtschaft sowjetischen Stils". (Markus Bernath, 21.5.2018)