Das Bundesverwaltungsgericht hat die im März von Innenminister Herbert Kickl ausgesprochene Suspendierung von BVT-Chef Peter Gridling aufgehoben.

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Intrigen, Dilettantismus, Geheimdienste und die hohe Politik: Die Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hat alle nötigen Handlungsstränge für eine spannende TV-Serie. Allerdings würde wohl kaum jemand außerhalb Österreichs annehmen, dass sie einen realen Hintergrund hat.

Dubiose Zeugenaussagen und ein anonymes Schreiben

Jüngstes Beispiel: Das Bundesverwaltungsgericht hat die im März von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) ausgesprochene Suspendierung von BVT-Chef Peter Gridling aufgehoben. Eine Suspendierung, die aufgrund dubioser Zeugenaussagen und eines anonymen Schreibens erfolgte. "Lebensfremd" sei es zu glauben, dass ein Amtsleiter über alle rechtswidrigen Handlungen seiner Mitarbeiter Bescheid wisse, urteilte das Gericht nun in aller Deutlichkeit. Auch sei Suspendierung allein aufgrund von "Gerüchten und vagen Vorwürfen" nicht haltbar.

Damit beginnt die Woche so, wie die letzte geendet hat: mit absurden Enthüllungen in der BVT-Affäre. So ist weltweit wohl einzigartig, was unlängst das Nachrichtenmagazin "Profil" berichtete: Im Ermittlungsakt der Affäre findet sich auch eine BVT-Planstellen-Besetzungsliste vom Oktober 2016, die an die 300 Namen von BVT-Mitarbeitern umfasst. Warum die Liste in den Akt aufgenommen wurde, ist unklar. Das Outing sorgt jedoch für Unruhe in den Reihen der Verfassungsschützer, die großen Wert auf den Schutz ihrer eigenen Identität legen – schließlich sollen sie Informationen über islamistische Terroristen, Waffenhändler oder Neonazis sammeln. Auf einem Präsentierteller zu sitzen sorgt nicht für Motivation.

Möglicher Aktenzugang für Nordkorea

Auch könnte die groteske Situation eintreten, dass ausgerechnet Nordkorea Zugang zu diesen Informationen bekommt. Das Land wird im Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der sogenannten Passaffäre als geschädigte Partei geführt und könnte das Recht auf Akteneinsicht geltend machen.

Hinzu kommt, dass das BVT auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten angewiesen ist. Insbesondere deutsche oder US-Dienste liefern seit Jahrzehnten wichtige Informationen. Kickl bestätigte erst vor wenigen Wochen, dass ein derartiger Informationsaustausch bestehe. Allerdings gilt das BVT seit Bekanntwerden der Affäre bestenfalls als Lachnummer. Ein Dienst, der nicht auf vertrauliche Daten aufpassen kann, wird gemieden.

Damit ist das BVT de facto lahmgelegt – in Zeiten von IS-Terror, erstarktem Rechtsextremismus und der Zunahme subversiver Aktivitäten von Staaten wie der Türkei. Die politische Verantwortung dafür trägt der Innenminister. Er muss die nötigen Konsequenzen ziehen. (Markus Sulzbacher, 22.5.2018)