Helmut Zilk wurde 1994 im Wiener Gemeinderat verabschiedet. Michael Häupl übernahm das Bürgermeister-Zepter.

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2010 gab es Blumen für Maria Vassilakou. Sie wurde im Gemeinderat zu Michael Häupls Vize gewählt. Es war Österreichs erste rot-grüne Koalition auf Landesebene.

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In seinen 24 Jahren als Wiener Bürgermeister richtete Michael Häupl viele Medienempfänge aus.

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Wien – "Ciao, es war mir eine Ehre und ein Vergnügen, so lange für diese Stadt zu arbeiten", sagte Wiens Langzeitbürgermeister Michael Häupl am Dienstag im Roten Salon des Rathauses. Ein letztes Mal hatte das scheidende Stadtoberhaupt Journalisten geladen, bevor er am Donnerstag sein Amt offiziell übergibt. "Und jetzt folgt der legendäre Satz, den Studenten mittlerweile auf ihren T-Shirts tragen: ‚Man bringe den Spritzwein.‘" Mit diesen Worten besiegelte Häupl im Jahr 2010 die erste rot-grüne Koalition auf Landesebene in Österreich.

Ob es ein Leben nach dem Tod gibt, wisse er nicht, sagte der SPÖ-Politiker schmunzelnd. Aber: "Es gibt sicher ein Leben nach der Politik." Und in dieses wolle er sich nun hineinstürzen.

Bei der Sitzung des Wiener Gemeinderats folgt Häupl nach 24 Jahren als Stadtchef Michael Ludwig nach. Neben der Wahl des neuen Bürgermeisters steht auch die Wahl der neuen amtsführenden Stadträte auf dem Programm. Wie berichtet gibt es einige Änderungen im Team Ludwig: Die Favoritner SPÖ-Chefin Kathrin Gaal übernimmt das Wohnbauressort und die Frauenagenden, die langjährige Intendantin des Steirischen Herbstes, Veronica Kaup-Hasler, löst Andreas Mailath-Pokorny als Kulturstadträtin ab, Wien-Holding-Chef Peter Hanke folgt Renate Brauner als Finanzstadtrat, und Peter Hacker übernimmt die Agenden Soziales und Gesundheit von Sandra Frauenberger.

Abschiedsrede in Sitzung

Jürgen Czernohorszky bleibt als Stadtrat für Bildung und Integration zuständig, Ulli Sima für die Umweltagenden. Sie müssen sich nicht erneut den 100 Abgeordneten und der Wahl stellen. Der morgige Sitzungstag beginnt um 9 Uhr mit Häupls Abschiedsrede vor dem Gemeinderat und der Möglichkeit für alle Fraktionen, sich zu Wort zu melden.

Auf den Schritt, sich aus der Politik zurückzuziehen, habe sich Häupl "lange genug" vorbereiten können, sagte er bei seinem letzten Medienempfang im Rathaus am Dienstag, dem zahlreiche Journalisten beiwohnten. Das Ehepaar Christoph und Eva Dichand war genauso anwesend wie etwa der ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. "Niemand hat mich gedrängt, darum ist auch die Wehmut nicht so groß", so der scheidende Bürgermeister. Nicht abgehen wird Häupl "die tägliche Verfügbarkeit – 24 Stunden am Tag".

Am Tag nach dem Gemeinderat, am Freitag, wolle Häupl "ein bisschen später aufstehen". Schließlich müsse er nicht mehr zur Wiener Landtagssitzung. Im Laufe des Tages werde er dem neuen Stadtchef die Schlüssel für das Rathaus übergeben. "Dann beginnt das Leben", sagte Häupl, der versicherte, er werde sein Telefon weiterhin abheben. Ob er Fragen von neugierigen Journalisten beantworten werde, könne er nicht sagen. Lediglich so viel verriet er: "Ich werde sicher nicht zum Balkonmuppet, der alle Geschehnisse kommentiert."

Distanz und Freundschaft

Es war der Abschluss von vielen wöchentlichen Medienterminen, zu denen Häupl ins Rathaus – für gewöhnlich in den Steinsaal – geladen hatte. Den Termin nahm Häupl als Anlass, über sein Verhältnis zu den Medien zu reüssieren. Er habe versucht, unabhängig von jeglicher "Distanz" oder "Freundschaft" eine sachliche Beziehung zu Journalisten zu pflegen. Denn "dieses Haberertum zwischen Politik und Medien halte ich für unprofessionell".

Beinahe jeden Dienstag machte er genau das, was er nun vermeiden will: aktuelle Geschehnisse kommentieren. Neben den angesetzten Themen beantwortete er Fragen quer durchs Gemüsebeet.

Raus zu den Menschen

Sein Nachfolger Ludwig hatte bereits bei der Präsentation seines neuen Teams angekündigt, regelmäßigen Kontakt mit der Öffentlichkeit zu suchen. Allerdings nicht im Rathaus. Er will Journalisten in der ganzen Stadt empfangen und "zu den Menschen" in die Grätzel "rausgehen".

Häupls Abschied aus der Politik ist auch Thema in den sozialen Medien. Für Dienstagmittag hatten sich mehrere Hundert Menschen angekündigt, um den scheidenden Bürgermeister in Anspielung auf seinen Sager über die Lehrerarbeitszeit ("Wenn ich 22 Stunden in der Woche arbeite, bin ich Dienstagmittag fertig") in "sein letztes Wochenende" zu begleiten. Der Ansturm blieb aus. Auch für Donnerstag, den Tag der Amtsübergabe, kursieren Facebook-Events mit hunderten Zusagen.

Auch die Grünen verabschiedeten sich von Häupl.

(Oona Kroisleitner, Rosa Winkler-Hermaden, 22.5.2018)