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Sich durchkneten lassen hat nicht für alle Patienten den gleichen Preis: Die Krankenkassen zahlen unterschiedliche Zuschüsse.

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Gleiche Leistung für gleiche Beiträge: So lautet ein Versprechen, das die Regierung in der Sozialversicherung einlösen will. Denn derzeit steigt nicht jeder Versicherte gleich aus. Wie viel die Krankenkasse für eine Behandlung oder einen Heilbehelf zahlt, wie hoch der Selbstbehalt der Patienten ist, hängt von Bundesland und Berufsstand ab.

Eine Auswahl: Für einohrige Hörgeräte schießen die einzelnen Kassen zwischen 660 und 1.330 Euro zu, für beidohrige 1.188 bis 2.340 Euro. Für eine halbe Stunde Logopädie reicht der Zuschuss laut Hauptverband der Sozialversicherungen von 14,53 bis 22,09 Euro, bei der Ergotherapie von 8,72 bis 15 Euro. Ähnliche Unterschiede gibt es bei der Physiotherapie. Orthopädische Schuheinlagen schlagen sich in einem Selbstbehalt von null bis 72 Euro nieder.

Die Angleichung hat Grenzen

Die Liste lässt sich lange fortsetzen. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein wies nach dem Ministerrat am Mittwoch, wo die Koalition die Reform der Sozialversicherung beschloss, etwa darauf hin, dass die Kassen für eine Stunde Physiotherapie zwischen 21,80 und 50 Euro pro Stunde zahlen – doch dieses Beispiel taugt nur begrenzt, um die Regierungspläne zu untermauern. Denn die Differenz besteht hier – wie in vielen anderen Fällen – nicht zwischen den Gebietskrankenkassen der Länder, sondern zwischen den Berufsgruppen: Am meisten bekommen die Bauern. ÖVP und FPÖ wollen die Unterschiede zwischen Bauern, Beamten und anderen Versicherten aber erst einmal nicht einebnen. Die Angleichung zielt allein auf die verschiedenen Regelungen der Gebietskrankenkassen für die Arbeitnehmer ab.

Dass die Regierung das Ziel nicht weiter fasst, hält Alexander Biach, Chef des Hauptverbandes, für ein Versäumnis – und er pocht darauf, die einzelnen Leistungen auf das jeweils höchste bestehende Niveau anzugleichen. Die Koalitionäre hingegen haben sich diesbezüglich nicht eindeutig deklariert. Bei der Präsentation ihrer Pläne ließen sich die Regierungsspitzen keine Festlegung entlocken, etwas weiter wagte sich Hartinger-Klein in der ZiB 2 des ORF vor: Die Entscheidung liege bei der selbstverwalteten Sozialversicherung – aber sie sei überzeugt, dass die Leistungen "das höhere Niveau" haben würden.

Kosten von hunderten Millionen

Ob das möglich ist, liegt am Geld. Die London School of Economics hat errechnet, wie viel die Angleichung in den Bereichen Heilbehelfe und Zahnbehandlung sowie bei diversen Therapien verschlingen würde: Sollen die Leistungen in den Gebietskrankenkassen auf einem Mittelwert vereinheitlicht werden, koste das 149 Millionen im Jahr, bei einem Niveau von 70 Prozent 328 Millionen.

Allerdings sind die Zahlen nicht mehr ganz aktuell, weil von 2016. Mittlerweile wurden einige Leistungen der Gebietskrankenkassen vereinheitlicht. Das gilt laut Aufstellung des Hauptverbandes etwa für die Zuschüsse für Rollstühle, Perücken für Krebspatienten oder Kontaktlinsen.

Aufgefressene Einsparungen

Wie viel die restliche Angleichung noch kostet, haben weder der Hauptverband noch Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS) berechnet. Der Experte, der die Angleichung für ein Gebot der Fairness hält, trifft aber eine Einschätzung: Selbst wenn die Sozialversicherungen die von der Regierung geforderte, über fünf Jahre gerechnete Milliarde einsparen können (woran Czypionka zweifelt), würde das Geld zum Gutteil von der Harmonisierung aufgefressen werden. Für andere genannte Ziele – etwa die Förderung von Landärzten – bliebe wohl kaum etwas übrig.

Czypionka hielte es nicht per se für ungerecht, die Leistungen statt auf dem höchsten auf einem mittleren Niveau anzugleichen. Wenn etwa der bisher bevorzugte Patient in einem Bundesland für eine Therapie künftig etwas mehr aus der eigenen Tasche zahlen müsse, einer in einem anderen dafür aber entlastet wird, sei das ein fairer Ausgleich. (Gerald John, 24.5.2018)