Passanten versuchen, Geldscheine zu erhaschen, die im Rahmen eines Projekts im August 2014 in Frankfurt vom Himmel fielen. Auch Anleger erfreut der jährliche Geldsegen in Form der Dividende.

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Der Wonnemonat Mai bringt für Anleger meist einen Geldsegen. Dann nämlich, wenn sie auf Dividendentitel gesetzt haben. Denn im Mai, wenn die Bilanz für das vergangene Geschäftsjahr steht, gibt es diese Sonderausschüttung. Zur Einordnung: Für das Vorjahr haben die 20 im heimischen Leitindex ATX notierten Unternehmen ihre Gewinne um 75 Prozent gesteigert, an die Aktionäre wurden in Summe 2,27 Mrd. Euro ausbezahlt. Das war um 30 Prozent mehr, als für 2015 ausgeschüttet wurde.

In Deutschland werden an die Anleger heuer 52,6 Mrd. Euro fließen. Das ist ein Rekordwert, wie aus der aktuellen Studie der Hochschule für Ökonomie und Management hervorgeht. Einige Unternehmen – vor allem die großen wie BMW oder Allianz – kommen damit auf eine Dividendenrendite von über vier Prozent. Das klingt verlockend, wo der Zins für Sparprodukte doch nach wie vor um die Nulllinie kreist.

Daher hat auch die Fondsindustrie in den vergangenen Jahren auf Dividendentitel gesetzt und verstärkt Fonds aufgelegt, die dividendenstarke Titel und jene mit der Erwartung auf eine ansteigende Ausschüttung vereinen.

Wiederveranlagung als Erfolgsrezept

Doch das alleine reicht noch nicht, um sich gemütlich zurückzulehnen und auf die Gewinnernte zu warten, warnt Ali Masarwah vom Analysehaus Morningstar. Denn die Thesaurierung von Ausschüttungen, das sogenannte Compounding – also die sofortige Wiederveranlagung dieses Bonus -, gilt als das eigentliche Erfolgsrezept bei dieser Anlage.

Ein Beispiel dafür: Der größte Dividendenfonds Europas, der "DWS Top Dividende" (17,5 Mrd. Euro schwer), erwirtschaftete unter der Annahme, dass die Fondsausschüttungen reinvestiert werden, in den vergangenen zehn Jahren eine Performance von kumuliert 85 Prozent. Rechnet man den Einfluss der Dividenden allerdings heraus, dann hätte das Plus zwischen Mai 2008 und Ende April 2018 nur 34 Prozent betragen. Noch klarer fällt die von Morningstar erstellte Rechnung beim "Newton Global Income" und beim "Kempen Global High Dividend" aus. Diese beiden Fonds zählen ebenfalls zu Europas größten Dividendenprodukten. In den vergangenen zehn Jahren stand, Ausschüttungen reinvestiert, unter dem Strich bei beiden Fonds jeweils ein Plus von gut 120 Prozent. Unter Herausrechnung der Dividende waren es nur knapp 40 Prozent. Da es sich bei allen drei Fonds um sogenannte "Ausschütter" handelt – die Gewinne also nicht reinvestiert werden -, haben die Anleger hier Geld liegenlassen.

Werbung prüfen

Dabei suggeriere die Werbung für solche Fonds laut Morningstar oft, dass mit Dividendeninvestments eine bessere Performance erzielt werden könne als mit anderen Veranlagungen. Das sei aber nicht zwangsläufig so, hält Masarwah in einer Analyse fest. So lag der MSCI World Index in den vergangenen zehn Jahren mit einem Plus von 8,2 Prozent pro Jahr (in Euro gerechnet) recht deutlich vor dem gängigen globalen Dividendenindex MSCI World High Dividend Yield, der um knapp sieben Prozent zulegte. "Dass Dividenden einen Großteil der langfristigen Aktienperformance ausmachen, bedeutet nicht, dass im Umkehrschluss Aktien mit hohen Dividendenrenditen eine überdurchschnittliche Performance erwirtschaften", so Masarwah.

Auch das Argument, dass Dividenden bei fallenden Märkten einen Puffer bilden, sei mehr Legende als Wahrheit: Es komme auf die Geschäftsmodelle der Unternehmen im Fonds an, nicht auf die Frage, ob sie Dividenden ausschütten oder nicht. So waren es vor allem die Bankenwerte, die vor der Finanzkrise die Lieblinge von Dividendeninvestoren waren. Dass sich ihre Geschäftsmodelle als riskant gezeigt haben, ist mittlerweile ja Geschichte.

Stabile Geschäftsmodelle

Dividendenstrategien können aber als Qualitätsfilter zum Einsatz kommen. Denn wer auf Unternehmen setzt, die eine jahrelange Dividendenkontinuität aufweisen, landet in der Regel bei stabilen Geschäftsmodellen mit hohen freien Cashflows. Hier gelten etwa Nestlé, Novartis, Pfizer, Daimler, BMW oder Allianz als Beispiel. Andererseits gibt es Investoren, die hohe laufende Ausschüttungen benötigen. Für sie ist die Dividendenrendite das entscheidende Kriterium.

Anleger sollten "Ausschüttungen" aber nicht mit "Dividenden" verwechseln. Denn ausschüttende Produkte gibt es in allen Anlageklassen, nicht nur bei Dividendenprodukten. Worauf die Wahl fällt, ist auch Thema des Anlagehorizonts. Wer noch in der Ansparphase ist, wird zum Aufbau seines Vermögens meist lieber reinvestieren. Wer schon Vermögen hat, dem sind laufende Ausschüttungen als Zuckerl wohl lieber. (Bettina Pfluger, 25.5.2018)