In der Kleistgasse gibt es im Erdgeschoß viel ungenutzte Fläche.

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Ein Leerstand liegt neben dem anderen.

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Seit einiger Zeit sind es 30 Quadratmeter weniger, dort gibt es nun Edda’s City Apartment Vienna.

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Die Rollläden aus Metall sind geschlossen und teilweise mit bunten Graffitis besprüht. Einige wenige Autos parken vor den Altbauten, die sich hier in der Kleistgasse zwischen Landstraßer Gürtel und Rennweg im dritten Bezirk aneinanderreihen. Besonders am unteren Ende der Straße, Richtung Rennweg hin, wird der Leerstand in der Erdgeschoßzone besonders auffällig. Und das, obwohl hier sogar hohe Bäume rechts und links neben der Fahrbahn stehen, die die Aufenthaltsqualität im Freien ungemein erhöhen, geradezu zum Flanieren einladen.

Erdgeschoßzonen zu beleben, ist in vielen Grätzeln Wiens eine Herkulesaufgabe. Mit ein Grund ist, dass Wohnen im Erdgeschoß eine unbeliebte Angelegenheit ist. "Im Erdgeschoß haben die Menschen Angst, dass eingebrochen wird", weiß man bei Hart & Hart Immobilien. Der Bauträger versucht sich immer wieder an Projekten, die auch im Erdgeschoß über Wohnungen verfügen. Vor allem bei jenen, die zur Straße hin orientiert sind, sei in Österreich kaum jemand bereit einzuziehen, weiß Hart-&-Hart-Eigentümer José Hart. "In Asien etwa ist es den Leuten egal, ob der Durchzugsverkehr vor dem Fenster stattfindet." Weil Wien aber auch international immer beliebter wird, prognostiziert Hart Erdgeschoßwohnungen hierzulande für die Zukunft eine größere Nachfrage.

Im Neubau trifft sein Unternehmen dennoch besondere Vorkehrungen – dazu zählen etwa Rollläden oder Alarmanlagen. Das bedeutet jedoch wiederum: In die Erdgeschoßwohnungen muss mehr investiert werden, auch in ihre Vermarktung, zudem kann im Verhältnis weniger dafür verlangt werden. "Und dann stehen sie noch dazu oft lange leer, bis sich ein Käufer findet", so Hart.

Freie Geschäftsflächen

Zurück in die Kleistgasse: In den Gründerzeithäusern, die hier stehen, sind es im Straßengeschoß vor allem Geschäftsflächen, die ungenutzt sind. Schon seit vielen Jahren gibt es Initiativen, die das dortige Fasanviertel wiederbeleben und aufwerten wollen. Ein mittlerweile zehn Jahre altes Dokument auf der Homepage der Lokalen Agenda 21 Wien zeugt davon. Darin ist von einem Konzept zur Bespielung der dortigen Geschäftslokale die Rede.

Neben gemeinsamen Initiativen gibt es auch Privatpersonen, denen der Leerstand im Erdgeschoß ein Dorn im Auge ist. Eine von ihnen ist Maria Schickermüller. Die Sozialwissenschafterin war auf der Suche nach einer Investitionsmöglichkeit, als sie über diverse Medien von der Leerstandsproblematik erfahren hat. "Ich wollte einen Mehrwert schaffen, ein Gassenlokal mit einer kreativen Idee nutzen", erzählt sie.

Vorbild Grätzelhotel

Die Grafik- und Kommunikationsdesignerin Irene Grudl, eine frühere Bekannte von Schickermüller, kam da gerade recht. Schon seit längerer Zeit war sie auf der Suche nach einem zweiten Betätigungsfeld und sofort von der Idee begeistert. Gemeinsam haben die beiden nach einem Erdgeschoßlokal gesucht, das nach dem Vorbild der Grätzelhotels zu einem Apartment für Wien-Besucher umfunktioniert werden sollte.

Fündig wurden die beiden in der Kleistgasse, in eben jener von Bäumen flankierten und verkehrsberuhigten Straße in der Nähe des Rennwegs. Seit einigen Wochen wird dort nun unter dem Namen Edda’s City Apartment Vienna über Airbnb und Booking.com eine 30 Quadratmeter große Wohnung vermietet. "Die Zielgruppe sind junge Menschen, die individuell reisen, in einer authentischen Wohngegend und nicht in einer Bettenburg absteigen wollen", so Grudl, die als Geschäftsführerin das Apartment von Schickermüller gemietet hat. Die Auslastung sei gut, über die Lage im Erdgeschoß habe sich bisher noch kein Gast beschwert, so Grudl.

Das Argument, Airbnb-Apartments wie ihres würden die Wohnpreise nach oben treiben, wollen die zwei Frauen nicht gelten lassen. "Wir sind rechtlich im abgesicherten Bereich, zahlen die Ortstaxe", sagt Schickermüller. Zudem fehle ihre Wohnung nicht auf dem Markt, "weil die sowieso niemand will und es so viel Leerstand gibt. Dass wir ein Erdgeschoß beleben, zählt für uns als Argument da viel stärker." (Bernadette Redl, 26.5.2018)