Rom – EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hat die künftige italienische Regierung davor gewarnt, eine neue Euro-Krise auszulösen. "Der Rettungsmechanismus ESM könnte eine so große Volkswirtschaft wie Italien kaum stabilisieren. Daher hoffe ich sehr, dass die Regierungsparteien eine große Lernkurve machen", sagte Oettinger den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag).

Hintergrund ist die Sorge vor Mehrausgaben der neuen Regierung aus den populistischen Parteien Lega und Fünf Sterne – trotz der hohen Verschuldung des Landes. Schon die Pläne der Koalition für Steuersenkungen, ein Mindesteinkommen und andere teure Vorhaben sowie die anti-europäische Rhetorik hatten die EU und die Finanzmärkte beunruhigt.

"Kriterien sind einzuhalten"

"Ich rate dazu, nicht allein auf die Koalitionstexte der beiden italienischen Regierungsparteien zu schauen", sagte Oettinger. "Entscheidend ist, wie Fünf Sterne und Lega tatsächlich regieren."

Die Regeln innerhalb der Währungsunion seien glasklar, sagte Oettinger. "Die Kriterien der Neuverschuldung und der Gesamtverschuldung sind einzuhalten. Geschieht dies nicht, werden wir ernsthafte Gespräche führen." Auf die Frage, ob es zu einem Austritt Italiens aus der Euro-Zone kommen könne, sagte der EU-Kommissar: "Ein Italexit ist überhaupt nicht wahrscheinlich."

Streit um Lega-Personalwunsch

Ausgerechnet die Besetzung des Wirtschaftsministers macht Italiens designiertem Premier Giuseppe Conte allerdings Probleme, berichteten italienische Medien. Bei einem informellen Treffen mit Conte stellte Präsident Sergio Mattarella laut Medienangaben am Freitagabend klar, dass er den europakritischen Ökonomen Paolo Savona nicht als Wirtschaftsminister akzeptieren werde, wie es die rechte Lega, Juniorpartner in einer möglichen Regierung verlangt. Da bei Ministerernennungen der Präsident das letzte Wort hat, könnte dies Conte bei der Erstellung der Ministerliste Schwierigkeiten bereiten.

Mattarella deutete den Medienberichten zufolge an, gegen Savona zu sein. Der Ökonom sieht den Euro als "deutsches Gefängnis" für Italien. Der 81-jährige Euroskeptiker, der über Erfahrungen im Finanzsektor, in der Wissenschaft, aber auch als Industrieminister verfügt, droht die Finanzmärkte mit eurokritischen Ansichten zu verschrecken.

Lega-Chef Matteo Salvini reagierte kritisch auf Mattarellas Einwände gegen Savona. "Ich bin sehr ärgerlich", erklärte Salvini auf Facebook und bekam ein "Like" von Fünf Sterne-Chef Luigi Di Maio, der sich mit ihm um die Regierungsbildung bemüht. Lega-Parlamentarier warnten vor der Gefahr von Neuwahlen im Oktober, sollten die Verhandlungen zur Regierungsbildung scheitern.

Wie es nun weitergehen soll ist unklar. Conte wird versuchen, die Lega zu überreden, einen anderen Wirtschaftsminister vorzuschlagen. Ob Salvini das akzeptieren wird, ist noch ungewiss. (APA, dpa, 26.5.2018)