Liverpools Keeper Loris Karius blieb ungetröstet.

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Dem verletzten Mohamed Salah lieh Jürgen Klopp die Schulter.

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Im Elend war Loris Karius ziemlich allein. Nur einige Spieler von Real Madrid trösteten unmittelbar nach dem Schlusspfiff in Kiew Liverpools deutschen Torhüter, der mit zwei unglaublichen Fehlern den Weg zum 3:1 für Real, den Weg zum dritten Champions-League-Titel der Madrilenen en suite geebnet hatte. Die Urteile über den 24-Jährigen, der aus Mainz nach Liverpool gekommen war und sich nach Anlaufschwierigkeiten gegen den belgischen Ersatz-Teamtorhüter Simon Mignolet durchgesetzt hatte, fielen vernichtend aus. Für etliche Experten kann Karius nicht länger an der Anfield Road bleiben, nachdem er Karim Benzema Reals Führung serviert und Gareth Bale das zweite Tor nach dessen traumhaftem Fallrückzieher ermöglicht hatte.

Für Österreichs Ex-Teamtorhüter Franz Wohlfahrt war der zweite Fehler eine Folge des ersten, "das nimmst du einfach ins weitere Spiel mit", sagte der Sportdirektor der Austria dem STANDARD. Vor schweren Fehlern sei kein Torhüter gefeit, "mir sind sie auch passiert, aber nicht in einem Champions-League-Finale". Je nach Bedeutung würden sich solche Blackouts im Unterbewusstsein einnisten, "damit muss man fertigwerden. Analysieren braucht Karius diese Fehler nicht, das bringt ja nichts. Er ist jung und muss das wegstecken. Das ist ja nichts Lebensbedrohliches."

Kahns Kritik

ZDF-Experte Oliver Kahn, der auf diesem Niveau patzen durfte, es aber selten tat, konnte sich "nicht erinnern, aus Torwartsicht etwas Brutaleres gesehen zu haben". So ein Abend könne eine Karriere zerstören. "Das wieder aus dem Kopf zu bekommen – das ist tagtägliche Arbeit."

Liverpool-Trainer Jürgen Klopp scheint klar zu sein, das Karius diese tägliche Arbeit trotz eines bis 2021 laufenden Vertrages bei einem anderen Verein zu leisten haben wird. "Manche Leute sind sicher doof genug, ihm das immer wieder aufs Brot zu schmieren", sagte der 50-jährige Coach, der sein sechstes großes Finale in Folge verloren hat.

Fast ebenso schmerzten den Schwaben die Tränen seines Stars Mohamed Salah, der das Feld nach einem vom serbischen Schiedsrichter nicht geahndeten Foul von Sergio Ramos frühzeitig hatte räumen müssen.

Ramos contra Ronaldo

"Er zieht ihn auf die Schulter. Das ist schon brutal", beschrieb Klopp die Aktion des Kapitäns von Real. "Ramos hat sich da keine Freunde gemacht." Tatsächlich droht Liverpools und Ägyptens Tormaschine für die WM in Russland auszufallen. Ursprünglich war gar der Bruch der linken Schulter befürchtet worden. Der ägyptische Minister für Jugend und Sport, Khalid Abdul-Asis, äußerte sich dagegen zuversichtlich. Salah bleibe zunächst zur Behandlung in England. Man rechne mit einer Behandlungsdauer von zwei Wochen. Das erste WM-Spiel Ägyptens steigt am 15. Juni, an Salahs 26. Geburtstag in Jekaterinburg gegen Uruguay.

Übeltäter Ramos konnte im Übrigen seinen Triumph nicht voll auskosten, weil Cristiano Ronaldo wie Doppeltorschütze Gareth Bale Abwanderungsgelüste in den Raum stellte. Ronaldo habe Reals Triumph den Glanz genommen, soll der Kapitän gewütet haben. Pikant: Ein möglicher Nachfolger des Portugiesen wäre Salah. (Sigi Lützow, 27.5.2018)