Giuseppe Conte hat seine Bemühungen, eine Regierung in Italien zu bilden, aufgegeben.

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Kein leichter Job: Der designierte Premier Giuseppe Conte versuchte Paolo Savona als Minister durchsetzen ...

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... dieser gilt als vehementer Gegner des Euro und Deutschlands und wird in Europa sehr kritisch gesehen.

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Nun ist wieder Italiens Präsident Sergio Mattarella am Zug.

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Der italienische Präsident Sergio Mattarella und der Wirtschaftsexperte Carlo Cottarelli.

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Der italienische Präsident Sergio Mattarella hat den Wirtschaftsexperten Carlo Cottarelli mit der Regierungsbildung beauftragt. Der 64-jährige Cottarelli suche nun nach Wegen, um eine Übergangsregierung zu bilden, teilte Mattarellas Sprecher Ugo Zampetti am Montag mit.

Er habe den Auftrag angenommen, erklärte der frühere IWF-Vertreter Cottarelli nach einem Gespräch mit dem Präsidenten. Sollte er im Parlament keine Mehrheit erhalten, sei mit Neuwahlen nach August zu rechnen. Aufgabe seiner Regierung werde die Verabschiedung des Budgets für das kommende Jahr sein.

Cottarelli kündigte an, Italiens Finanzen umsichtig zu gestalten. Zwar steige der Renditeaufschlag auf die Staatsanleihen, die Wirtschaft wachse aber, und die öffentlichen Finanzen seien unter Kontrolle. Der 64-Jährige war einst Sparkommissar der Regierung von Enrico Letta.

Conte scheiterte

Eigentlich hätte am Montag Giuseppe Conte als neuer Regierungschef vereidigt werden sollen. Dieser hatte aber am Sonntag seinen Regierungsauftrag an Präsident Mattarella zurückgegeben. Der parteilose, der Fünf-Sterne-Bewegung nahestehende Rechtsprofessor war von Fünf Sternen und Lega erst vor wenigen Tagen als Kompromisskandidat vorgeschlagen und von Mattarella wegen seiner politischen Unerfahrenheit eher widerwillig mit einem Regierungsauftrag ausgestattet worden. Nun hat sich das Problem erledigt.

Ganz unerwartet ist der Eklat im Römer Quirinalspalast am Sonntag nicht gekommen: Die Lega von Matteo Salvini und die Fünf-Sterne-Bewegung von Luigi Di Maio hatten sich bei der Zusammenstellung der Kabinettsliste auf den Euro- und Deutschlandgegner Paolo Savona als Wirtschafts- und Finanzminister festgelegt. "O Savona o morte" – auf diese einfache Formel hatte Salvini das Ultimatum an Mattarella gebracht: "Entweder Savona oder der Tod." Etwas weniger dramatisch ausgedrückt: Sollte der 81-Jährige nicht Minister im Schlüsselressort für Wirtschaft und Finanzen werden, gibt es keine neue Regierung mit Lega und Cinque Stelle mehr, sondern Neuwahlen. Genau das hat Salvini nach Mattarellas Veto gegen Savona am Sonntag bestätigt.

Erpressung des Präsidenten

Was die beiden Populistenführer in den letzten Tagen inszeniert hatten, war nichts anderes als eine Erpressung, wie sie in Italiens Nachkriegsgeschichte noch nie vorgekommen war. Denn in Italien sind es laut Verfassung nicht die Chefs der Regierungsparteien, die die Minister nominieren, sondern der Staatspräsident, der seine Ernennungen auf Vorschlag des designierten Regierungschefs vornimmt. Der Präsident kann auch Vorschläge ablehnen, und das ist in früheren Jahren auch schon öfter geschehen. Doch Salvini und Di Maio interessieren sich herzlich wenig für die Rechte des Staatspräsidenten – und beschworen damit eine institutionelle Krise herauf.

Mattarella hat dem Druck standgehalten. Er konnte schon aus Prinzip nicht auf Salvinis und Di Maios Diktat eingehen: Es ging um die Würde seines Amts und um sein persönliches Ansehen. Aber vor allem hätte er mit einem Durchwinken Savonas einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen: Lega und Cinque Stelle hätten ein Nachgeben als Einladung betrachten, künftig auch bei verfassungswidrigen Gesetzen, die der Staatspräsident ebenfalls gegenzeichnen müsste, gleich mit dem Sturz der Regierung zu drohen und Mattarella dann wieder die Schuld für die politische Krise in die Schuhe zu schieben.

Fünf Sterne wollen Mattarella des Amtes entheben

Mattarella hatte aber vor allem politische Gründe für sein Veto gegen Savona. Immerhin stand viel auf dem Spiel, nicht nur für Italien. Mit Savona wäre einer der italienischen Chefideologen eines Euroaustritts ins Finanz- und Wirtschaftsministerium eingezogen. "Als Staatspräsident bin ich der Verfassung verpflichtet; ich konnte keine Person zum Minister ernennen, mit der der Austritt aus dem Euro nicht nur wahrscheinlich, sondern vielleicht unausweichlich geworden wäre", betonte Mattarella. Er müsse die Ersparnisse der Bürgerinnen und Bürger schützen.

Als Retourkutsche haben die Cinque Stelle Sonntagabend ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Staatspräsidenten gefordert. Unter Berufung auf Artikel 90 der Verfassung ("Hochverrat oder Anschlag auf die Verfassung") werde er Mattarellas Absetzung verlangen, sagte Di Maio in einem Fernsehinterview. Zu einem solchen Verfahren ist es in der Geschichte der 1946 gegründeten Republik noch nie gekommen.

Mit Contes Scheitern ist die Gefahr einer Populistenregierung freilich nicht gebannt, sondern höchstens aufgeschoben. Es wird allgemein erwartet, dass vor allem Lega-Chef Salvini nun erst recht einen europa- und deutschlandfeindlichen Wahlkampf führen und bei der nächsten Wahl noch massiv zulegen wird. Einen Vorgeschmack auf den Wahlkampf gab er schon Sonntagabend: "Wir haben wochenlang dafür gearbeitet, dem Land eine Regierung zu geben, die die Interessen der italienischen Bürgerinnen und Bürger verteidigt. Aber es hat jemand Nein dazu gesagt – auf Druck von wem?" Salvini erklärte, Italien sei "keine Kolonie und die Italiener keine Sklaven".

Bündnis mit Lega

Die populistische 5-Sterne-Bewegung in Italien erwägt Parteikreisen zufolge, gemeinsam mit der rechtsextremen Lega in eine Neuwahl zu ziehen. Ein solches Bündnis werde derzeit geprüft, verlautete aus den Kreisen am Montag. (Dominik Straub aus Rom, red, 28.5.2018)

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