In einigen oberösterreichischen Gemeinden wurden mehr als 50 Prozent der Kinder von der Nachmittagsbetreuung abgemeldet, seit die blau-schwarze Landesregierung dafür Gebühren eingeführt hat.

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Linz – Mindestens 3.450 Kinder gehen in Oberösterreich seit 1. Februar am Nachmittag nicht mehr in den Kindergarten, weil das Land dafür Gebühren von 42 bis 110 Euro im Monat eingeführt hat. In 162 Gemeinden hat sich die Zahl der Nachmittagskinder seit dem 1. Februar verringert, in 43 blieb die Zahl konstant, 53 Gemeinden gaben keine Auskunft, berichtete die Rechercheplattform "Addendum".

Grafik von addendum.org

In vielen Gemeinden seien mehr als die Hälfte der Kinder von der Nachmittagsbetreuung abgemeldet worden, ergab die telefonische Anfrage in allen 442 Gemeinden des Landes. "Addendum" nennt ein Beispiel aus Edlbach, wo 70 Prozent abgemeldet wurden. Von ehemals zehn besuchen nur noch drei Kinder den Kindergarten ab 13 Uhr, ab Herbst wird keine Nachmittagsbetreuung mehr zustande kommen, weil dafür mindestens zehn Kinder in einer Gruppe sein müssen. "Mir sind die Kosten eigentlich egal. Aber mich ärgert es, dass es überhaupt keine Nachmittagsbetreuung mehr geben wird", sagt eine betroffene Mutter. Laut dieser Umfrage gibt es aber auch Gemeinden, in denen jetzt mehr Kinder betreut werden als vor dem 1. Februar.

Die zuständige Landesrätin Christine Haberlander (ÖVP) sagte auf Anfrage der Rechercheplattform, dass mithilfe einer Evaluierung, die nun durchgeführt wird, die wirklichen Zahlen erhoben werden und sie das Ergebnis nicht vorwegnehmen könne. Im August solle es vorliegen. Ziel der Gebühren waren Einsparungen in Höhe von 13 bis 15 Millionen Euro durch den Wegfall der Förderungen, die Gemeinden bisher für die Kindergartengruppen am Nachmittag zugestanden sind. "Das wird sich meiner Einschätzung nach nicht ausgehen. Die Gemeinden werden zusätzliche Kosten haben, weil zu viele Kinder sich abgemeldet haben", wird Edith Bürgler-Scheubmayr, Geschäftsführerin der Caritas für Kinder und Jugendliche, zitiert.

Gemeinden suchen Betreuungsersatz

In etlichen Gemeinden, in denen die Nachmittagsbetreuung im Kindergarten wegen zu kleiner Gruppen wegfällt, setzt man auf eigene Lösungen, etwa in Saxen mit dem Verein Tagesmütter. Das werde für Eltern und Gemeinde teurer, die Beiträge reichen von 54 bis 414 Euro. An einigen Orten zahlt die Gemeinde die Tagesmütter oder die Nachmittagsgebühren. In Linz gibt es ein eigenes, von der Stadt finanziertes Modell mit geringeren Beiträgen. Andere behelfen sich mit einem "Spätabholertarif" bis 13.45 Uhr, einem Eintagestarif – gegen den Willen des Landes – oder einer Änderung der Öffnungszeiten. Das Gesetz habe mit der raschen Einführung mitten im Jahr viele Eltern überrumpelt, gab eine Kindergartenleiterin an.

Nachgefragt wurde bei öffentlichen Kindergärten, die 600 privaten Erhalter wurden nicht kontaktiert. Die Caritas gab lediglich an, dass von den rund 13.500 in Oberösterreich betreuten Kindern 1.050 seit Februar kürzer oder gar nicht mehr am Nachmittag betreut würden. Insgesamt waren laut Zahlen des Landes 43.775 Kinder im Oktober 2017 in Oberösterreich in einem Kindergarten – nicht alle davon auch am Nachmittag.

Die Gebühr wird anhand des Familienbruttoeinkommens berechnet, es gibt einen Zwei-, Drei- und Fünftagestarif. Ist ein Kind nur einen oder vier Tage ab 13 Uhr da, wird automatisch der nächsthöhere Tarif verlangt. Nach der Einführung der Gebühren in Oberösterreich ist Wien das einzige Bundesland, in dem der Kindergarten auch nachmittags gratis ist. (APA, 28.5.2018)