Martha Bißmann will nicht auf ihr Mandat im Nationalrat verzichten, um Peter Pilz eine Rückkehr ins Parlament zu ermöglichen.

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Die Liste Pilz bleibt eine personelle Baustelle. Auch über das Wochenende konnten sich die Mandatare nicht einigen, wer für den rückkehrwilligen Parteigründer Peter Pilz seinen Platz räumt. Für den am Mittwoch als Klubobmann abdankenden Peter Kolba konnte ebenso noch kein Nachfolger gefunden werden. Indes erwartet Pilz ein Prozess in St. Pölten.

Vergangenen Dienstag war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Innsbruck das Verfahren gegen Pilz wegen sexueller Belästigung eingestellt hat. Noch am selben Tag kündigte der ehemalige Grüne an, ins Parlament zurückzukehren. Seitdem beraten unter anderem die acht Abgeordneten, wie diese Rückkehr aussehen soll. Für das Wiedererlangen seines zurückgelegten Nationalratsmandats müsste einer oder eine verzichten.

"Emotionen gingen hoch"

Dem Vernehmen nach wäre die für Pilz nachgerückte Martha Bißmann infrage gekommen. Gegenüber der "Presse" sprach sie davon, intern und von außen großem Druck ausgesetzt worden zu sein. "Im Laufe der Verhandlungen gingen die Emotionen so hoch, dass so mancher auch der Meinung war, ich hätte eine Watsche für mein Verhalten verdient und dass ich aus dem Klub rausgeschmissen werden sollte, weil meine Forderungen so unverschämt seien."

Kolba bedauert Bißmanns Entscheidung, ihren Platz nicht räumen zu wollen. "Die Situation ist dadurch nicht einfacher geworden und stellt uns vor neue Herausforderungen", meinte er am Montag. Man habe in den vergangenen Tagen laufend verhandelt und den Eindruck gehabt, "auf einem guten Weg zu sein", so Kolba. Bißmann habe eine Liste an Wünschen übermittelt, die man auch habe erfüllen wollen. "Leider ist Martha Bißmann darauf nicht eingegangen und hat davor bereits ihre persönliche Entscheidung getroffen, die wir zur Kenntnis nehmen."

Kolba veröffentlicht angebliche Forderungen

Am Montagnachmittag veröffentlichte Kolba auf Twitter die angeblichen Forderungen Bißmanns auf Twitter. Demnach forderte die Mandatarin den Posten der geschäftsführenden Parteiobfrau inklusive einer "Funktionsentschädigung in Höhe eines Nationalratsgehalts bis zum Ende der XVI. Gesetzgebungsperiode". Zudem solle ihr eine Kandidatur bei der EU-Wahl zugesichert werden.

Budgetsprecher Bruno Rossmann habe die Partei als Mitglied und Funktionär zu verlassen, während Bißmann selbst, Daniela Holzinger-Vogtenhuber und Sebastian Bohrn Mena "als Mitglieder und Vorstand" aufgenommen würden – so die Forderungen Bißmanns laut Kolba. Außerdem habe Bißmann einen sicheren Listenplatz bei der nächsten Nationalratswahl gefordert.

Für den STANDARD war Bißmann zunächst nicht zu erreichen, um zu bestätigen, dass sie Urheberin des von Kolba getwitterten Textes ist.

Personelle Situation akut

Spätestens am Mittwoch wird die personelle Situation bei der Liste Pilz akut. Schon vor Wochen hat Kolba bei der Parlamentsdirektion seinen Rücktritt als interimistischer Klubchef eingereicht, spätestens am Freitag müsste seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger übernehmen. Aber auch Regelungen zur Parteiakademie sowie zur Partei selbst stehen aus. Womöglich Mitte dieser Woche könnten ein paar Entscheidungen getroffen sein, hieß es gegenüber der APA. Pilz wiederholte am Sonntagabend in der ORF-Sendung "Im Zentrum" nur, dass die Entscheidung "demnächst" fallen soll.

Christian Kern (SPÖ), Matthias Strolz (Neos), Peter Pilz (Liste Pilz), Anneliese Rohrer ("Presse") und Peter Filzmaier (Politikwissenschafter) diskutieren bei "Im Zentrum" die Frage "Wer kann Opposition?".
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Juristische Probleme

Auch an der juristischen Front ist es für Pilz nach der Einstellung des Verfahrens wegen sexueller Belästigung nicht ruhiger geworden. Zum einen erreichte vergangene Woche die Staatsanwaltschaft Wien eine Sachverhaltsdarstellung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA), die auf den Straftatbestand der üblen Nachrede abzielt. Pilz hatte den Beamten in Zusammenhang mit einer Abschiebung "amtlichen Mordversuch" vorgeworfen.

Zusätzlich muss sich Pilz, der derzeit keine parlamentarische Immunität genießt, am 6. Juni tatsächlich vor Gericht verantworten. Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter hat persönlich die Fortsetzung eines Verfahrens wegen übler Nachrede im Zusammenhang mit der Causa Eurofighter beantragt. Der Jurist hatte die Anklage gegen Gernot Rumpold vertreten und musste sich von Pilz "Komplizenschaft" mit diesem nachsagen lassen. (red, APA, 28.5.2018)