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Glänzt der Mercedes-Stern vielleicht doch nicht so sauber? Der deutsche Verkehrsminister erwartet baldige Aufklärung.

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Daimler-Chef Dieter Zetsche soll den Vorwürfen der Abgasmanipulation nachgehen.

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Er schone die Autoindustrie. Er habe vor allem die Interessen der Konzerne im Sinn, nicht jene der Kunden. Er sei an der Aufklärung der Dieselaffäre bei Volkswagen nicht interessiert. Diese Vorwürfe hat sich der ehemalige deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) immer wieder anhören müssen.

Seit März ist er nicht mehr im Amt, sondern führt im Bundestag die CSU-Landesgruppe an. Sein Nachfolger, Andreas Scheuer, stammt ebenfalls aus der CSU. Aber er will offenbar genauer hinschauen. Zwar hält er von Nachrüstungen bei Dieselfahrzeugen auch nichts, aber er hatte kurz nach seinem Amtsantritt erklärt: "Ich bin nicht der Buddy der Autoindustrie."

Am Montagmorgen empfing er dann "hohen Besuch" aus Stuttgart im Berliner Ministerium: Daimler-Chef Dieter Zetsche war angeflogen gekommen – und zwar auf Geheiß des neuen Ministers. Es ging nicht um den Austausch von Freundlichkeiten. Scheuer wollte von Zetsche Genaueres über mögliche Manipulationen bei Dieselmotoren wissen. Das deutsche Kraftfahrtbundesamt (KBA) hat den Autobauer zum Rückruf von weltweit rund 4900 Fahrzeugen des Modells Vito mit Dieselmotor der Abgasnorm Euro 6 verpflichtet. Grund ist laut KBA eine unzulässige Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung, durch die es zu erhöhten Stickoxidemissionen (NOx) kommt.

Keine Manipulation

Zudem berichtete die Bild am Sonntag, es müssten womöglich rund 40.000 Dieselmotoren der Baureihe OM 622 im Vito und 80.000 weitere der Baureihe OM 626 in der C-Klasse untersucht werden. Der Spiegel schreibt, es drohe sogar der Rückruf von mehr als 600.000 Dieselfahrzeugen.

Zetsche ist also in Erklärungsnot. Als im Herbst 2015 der Dieselskandal bekannt wurde, hatte er noch erklärt: "Wir halten uns grundsätzlich an die gesetzlichen Vorgaben und haben keinerlei Manipulationen an unseren Fahrzeugen vorgenommen."

Zum Rückruf bereit

Anfang 2016 war von ihm zu hören: "Bei uns wird nicht betrogen, bei uns wurden keine Abgaswerte manipuliert." Zum Rückruf ist Zetsche nun bereit, aber er bestreitet, dass es sich um eine rechtlich unzulässige Funktion handelt. Das will Daimler zur Not auch gerichtlich klären lassen.

In zwei Wochen muss Zetsche wieder bei Scheuer antanzen. Der Minister entließ seinen Gast mit den Worten: "Wir werden jetzt einen vertieften Austausch über die hochkomplexen technischen Fragen vornehmen, mit dem Ziel, anhand unserer konkreten Prüfungen umgehend die genaue Zahl der betroffenen Modelle zu ermitteln. Bei einem weiteren Treffen in 14 Tagen werden die konkreten Ergebnisse auf dem Tisch liegen."

Verdacht auf Vertuschung

Gesprächsthema dürfte auch ein Bericht des "Spiegels" gewesen sein, demzufolge das Ministerium den Verdacht hat, dass Daimler die vermutlich illegalen Manipulationen vertuschen wollte. Die Beamten gehen Hinweisen nach, dass die illegale Motorsoftware mit einem Update heimlich überspielt worden sein könnte – etwa im Rahmen eines normalen Services in der Mercedes-Werkstatt.

Im Clinch liegt Scheuer auch mit der deutschen Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). Sie schlägt vor, Dieselfahrzeuge nicht flächendeckend in ganz Deutschland technisch nachzurüsten, sondern zunächst in jenen Städten, in denen die Luft besonders schlecht ist, um so Fahrverbote zu verhindern. Doch aus Scheuers Sicht ist dies "nach wie vor eine Investition in die Vergangenheit." (Birgit Baumann aus Berlin, 28.5.2018)