GIS beibehalten, auf Streaming erweitern, aber um Länder-Abgaben kürzen: SPÖ-Mediensprecher Thomas Drozda, hier noch als Medienminister im September 2016 mit ORF-General Alexander Wrabetz (re.).

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Wien – Auch Menschen ohne TV- und Radiogerät, die Video- und Audioinhalte nur internetbasiert streamen, sollen künftig GIS-Gebühren zahlen: SPÖ-Mediensprecher Thomas Drozda plädiert dafür, diese "Streaminglücke" zu schließen – bisher ist Streaming gebührenfrei, weil kein Rundfunk, entschied 2015 der Verwaltungsgerichtshof. Drozda ist auch gegen die – von der FPÖ angekündigte und von der ÖVP überlegte – Abschaffung der Rundfunkgebühren und eine Finanzierung des ORF aus dem Bundesbudget.

"Untergräbt Unabhängigkeit"

"Eine unmittelbare Budgetfinanzierung unergräbt die Unabhängigkeit und schafft Abhängigkeiten von 'Bedarfszuweisungen'", sagt Drozdas Montagabend vorgelegtes medienpolitisches Programm vor der Medienenquete der Bundesregierung am 7. und 8. Juni. Drozda ist auch gegen eine alleinige Förderung von Public-Value-Inhalten (für alle Kanäle).

Finanzierung über Gebühren sichere die Unahängigkeit des ORF "bestmöglich", findet Drozda, von Frühjahr 2016 bis Herbst 2017 Medienminister der vorerst letzten SPÖ/ÖVP-Regierung. Die Streaminglücke soll nach dem Vorbild Großbritanniens geschlossen werden – "Ansatzpunkt ist nicht das Empfangsgerät, sondern der Fernsehempfang an sich".

Länderabgaben streichen

Aber Drozda will die GIS-Gebühren senken – jedenfalls in sieben von neun Bundesländern, die derzeit Landesabgaben auf die Rundfunkgebühren einheben. Sie sollen wie Vorarlberg und Oberösterreich auf diese Aufschläge verzichten. Das würde das Gesamtvolumen laut Drozdas Unterlagen um rund 145 Millionen auf 747 Millionen Euro senken – die Drozda auch etwas anders verteilen würde.

Die Republik soll dem ORF nach Drozdas Vorstellungen auch Gebührenbefreiungen abgelten (wie vorübergehend zwischen 2010 und 2014 zumindest teilweise). Laut ORF machen sie pro Jahr mehr als 50 Millionen Euro aus.

Aus den Rundfunkgebühren will Drozda auch eine neue Presse- und Medienförderung dotieren. In einer mit seinem Programm verteilten Grafik ist sie – nach den dort angegebenen Prozentsätzen – mit rund 63 Millionen Euro angesetzt. Drozda sprach bei der Präsentation von rund 30 Millionen für eine neue Presse/Medienförderung.

Medienförderung

Als Medienminister hatte Thomas Dozda zuwenig Zeit (und teils auch Unterstützung) für größere medienpolitische Maßnahmen. Seine Überlegungen für eine Presseförderung hat er nun teilweise adaptiert. Er spricht weiter von "Journalismusförderung" für Print- wie Onlinemedien – das Konzept als MInister sah eine Förderung pro journalistischem Arbeitsplatz vor, was vor allem für "Krone", "Kurier" und "Kleine Zeitung" deutlich höhere Förderungen bedeutet hätte. Voraussetzung für die Förderung soll die Anwendung des Journalistenkollektivertrags sein (der derzeit nur für Kaufzeitungen gilt), die Förderhöhe soll "unter anderem" von der Mitgliedschaft im Presserat abhängig sein. Förderwürdig findet er nun auch Programmiererinnen und Programmierer. Ausbildung in Redaktionen wie extern sei zu subventionieren.

Wie Medienminister Gernot Blümel und das ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramm ist Drozda dafür, das heutige Zeitungs-Zustellsystem "sozialversicherungsrechtlich abzusichern" – da geht es um den Status von Zustellern – Dienstleister oder Dienstnehmer (was die Zustellung unleistbar verteuerte und mehrstellige Millionenbeträge an Nachforderungen nach sich zöge).

Drozda verlangt auch, "die Unabhängigkeit der Redaktionen gesetzlich und durch Redaktionsstatute zu sichern".

Österreich-Quote

Wie schon im Wahlprogramm 2017 will Drozda öffentlichen wie geförderten privaten Kanälen 30 Prozent Programmanteil für die "österreichische Kreativwirtschaft" vorschreiben. Die geförderten Unternehmen hätten sich auch "angemessen an der österreichischen Fernseh- und Filmproduktion zu beteiligen.

Eine gemeinsame Vermarktungsplattform von österreichischen Inhalten – auch auf Blümels Agenda – befürwortet Drozda. Er betont aber: "Content des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist auch durch Teilnehmergebühren finanziert und gehört daher nicht privaten Fernsehsendern". Eine gemeinsame Vermarktung müsse "faire Erlösteilung sicherstellen".

Mit seinem Nachfolger im Kanzleramt trifft sich Drozda auch bei einer "gemeinsamen Contentplattform" von ORF und Privatanbietern und zu streichenden Onlinebeschränkungen des ORF – etwa Sendungen nur sieben Tage nach Ausstrahlung abrufbar.

Gemeinsamkeit mit Steger

Wie die Regierung von ÖVP und FPÖ ist der SPÖ-Mediensprecher für einen ORF-Vorstand statt des Alleingeschäftsführers und einen Aufsichtsrat, er spricht vom "Prinzip der gemeinsamen Führungsverantwortung".

Mit dem neuen Stiftungsratsvorsitzenden Norbert Steger (FPÖ) trifft sich Drozda in den Wunschvorstellungen, wie der ORF-Aufsichtsrat künftig besetzt werden soll: Die Mandatsverteilung sollte sich "verstärkt am D'Hondtschen System (Nationalrat)" orientieren – auch Steger plädiert schon lange für eine Besetzung nach den Kräfteverhältnissen im Nationalrat.

Derzeit besetzen die Parteien im Nationalrat sechs Mandate im Stiftungsrat, Bundesregierung und Bundesländer jeweils neun. Nach Kräfteverhältnissen im Nationalrat beschickt, hätte die SPÖ im ORF-Aufsichtsrat etwa gleich viele Mandate wie ÖVP und FPÖ. Derzeit hat sie drei Mandate plus zwei rote Betriebsräte unter 35 Mitgliedern, die ÖVP 15 und die FPÖ acht.

Online-Steuern

Internationale Onlineriesen wie Google, Facebook und Co. will Drozda weiterhin stärker besteuern und ihnen damit Wettbewerbsvorteile nehmen – etwa durch eine Werbeabgabe auc für Onlinemedien, Besteuerung von Erträgen in Österreich über das Prinzip der "digitalen Betriebsstätte", Umsatzsteuer auf ("tauschähnliche") Geschäfte mit Daten. Zudem seien Offenlegung und Reihungskriterien offenzulegen und Inhalte und Werbung klar zu unterscheiden.

Medienerziehung

Der SPÖ-Mediensprecher wünscht sich "größeren Raum" und zweckgewidmete Budgets zur Vermittlung von Medienkompetenz in den Schulen; gleiche digitale Chancen für ältere Menschen, Menschen mit Behinderung und "Randgruppen", und "besondere Sensibilität" auch bei Speichermöglichkeiten von Daten. (fid, 29.5.2018)