Berlin – Gut zwei Wochen vor dem Start der Fußballweltmeisterschaft in Russland hat die Organisation Reporter ohne Grenzen dort mit Blick auf die Medien eine Atmosphäre der "generellen Angst" beklagt. Sie wies am Dienstag in Berlin auf die schwierige Arbeitssituation für Journalisten in dem Land hin.

Russland steht von 180 Ländern auf Platz 148 in der Rangliste der Pressefreiheit, die die Organisation erstellt. Sieben Journalisten säßen wegen ihrer Arbeit in Haft, hieß es.

Seit 2012 habe sich die Lage durch verschiedene Gesetze enorm verschlechtert. So gebe es seit 2016 eine umfassende Vorratsdatenspeicherung und 2017 seien Anonymisierungsdienste verboten worden. Außerdem müssten sich bestimmte nicht-russische Medien als "ausländische Agenten" registrieren. Der russische Staat versuche auch verstärkt, das Internet zu zensieren. "Noch herrscht in Russland keine Internet-Zensur wie in China, aber die Spielräume werden enger", sagte Ulrike Gruska, Russland-Expertin bei Reporter ohne Grenzen.

"Menschenrechtskrise"

Die Journalistin Olga Petrova, die 20 Jahre in Russland arbeitete, stellte fest: "Russland befindet sich in der größten Menschenrechtskrise seit dem Fall der Sowjetunion." So gebe es dort kaum noch freie Medien. Menschen, die mit ausländischen Medien redeten, würden von staatlichen Stellen eingeschüchtert. "Es gab die Hoffnung, dass sich die Situation vor der Weltmeisterschaft verbessert, aber aktuell sehe ich keine Signale dafür."

Die WM findet zwischen dem 14. Juni und 15. Juli statt. Mitte Mai war dem deutschen Fernsehjournalisten (RBB) und Dopingexperten Hajo Seppelt ein Einreisevisum verweigert worden, er stand auf einer Liste der in Russland unerwünschten Personen. Wenige Tage später wurde ihm das Visum dann doch noch erteilt. (APA, dpa, 29.5.2018)