In Österreich wird immer weniger Raps angebaut. Damit schrumpft auch der Lebensraum vieler Insekten.

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Wien – Zwischen April und Juli brüten auf Österreichs Feldern zahlreiche Singvögel. In derselben Zeit wird in der heimischen Landwirtschaft gemulcht: Felder werden abgemäht und das zerkleinerte Mulchgut liegen gelassen. "Das ist wie ein Staubsauger, der alle Insekten und alle Vögel wegsaugt. Danach ist alles tot", sagt Maximilian Hardegg. "Bei uns wird in dieser Zeit deshalb prinzipiell nicht gemulcht."

Der Landwirt leitet die Gutsverwaltung Hardegg am nördlichsten Rand Niederösterreichs. Am Mittwoch hat er gemeinsam mit der Marktforscherin Helene Karmasin von Karmasin Behavioural Insights und Christian Stockmar, dem Österreich-Leiter des Agrarkonzerns Syngenta, das Projekt "Bunte Landwirtschaft" vorgestellt.

Projekt soll Bewusstsein schaffen

Das gemeinsame Ziel: in der Bevölkerung und unter den Landwirten ein Bewusstsein für Artenvielfalt und Biodiversität zu schaffen. Und Landwirte in ein angemesseneres Licht zu rücken. "Wir wollen, dass Landwirte nicht als Subventionsempfänger, sondern als Erbringer von Leistungen wahrgenommen werden", sagt Stockmar. Zum Beispiel, indem sie das heimische Landschaftsbild prägen. Auf dieses seien die Österreicher besonders stolz, erklärt Karmasin.

Was die Projektpartner erdacht haben, setzt Hardegg auf seinem Gutshof im Weinviertel um. Dabei wurden zahlreiche Maßnahmen konzipiert, die dem Rückgang der Artenvielfalt auf den österreichischen Äckern entgegenwirken sollen. Diese reichen von ganzjähriger Fütterung über die Schaffung von Biotopen und Ruhezonen bis zu alternativen Fruchtfolgen.

Singvögel als Indikatoren

Ob die Maßnahmen wirken, wird an den Singvogelbeständen gemessen. "Singvögel sind ein wunderbarer Zeiger für eine bunte, artenreiche Landwirtschaft", erklärt Hardegg. Europaweit sind die die Singvogelbestände der Feldflur seit den 1980er-Jahren um bis zu 60 Prozent zurückgegangen.

Man dürfe deshalb Felder nicht nur nach ökonomischen Kriterien bestellen, sondern müsse Rücksicht auf die Bedeutung einzelner Feldkulturen für Wildtiere nehmen. Eine blühende Kulturlandschaft ist insektenreicher als eine grüne Kulturlandschaft. Für viele Tiere ist das eine wichtige Nahrungsquelle. In Winterrapsfeldern und zwischen Sonnenblumen suchen Wildtiere besonders gern Schutz. Und im Winterweizen brüten Singvögel gerne. Auch Biotope, Freiflächen und Wegböschungen seien wichtige Lebensräume.

Mehr Biodiversität – ohne mehr Bürokratie

Auf die Bedürfnisse der Tierwelt Rücksicht zu nehmen ist für Landwirte auch mit finanziellen Opfern verbunden. Als Pflanzenschutz- und Saatguthersteller könne Syngenta durch effizientere Nutzpflanzen und umweltfreundliche Mittel zu einer nachhaltigen Landwirtschaft beitragen, sagt Stockmar.

Aber auch die Politik sei gefordert, Biodiversität zu einem agrarpolitischen Kernthema zu machen – ohne dabei neue bürokratische Hürden zu schaffen. "Landwirte sollen selber entscheiden können, wie sie zur Biodiversität auf ihren Feldern beitragen", fordert Stockmar.

Geschenk zum Ratsvorsitz

Die österreichische EU-Ratspräsidentschaft sei der ideale Zeitpunkt, um agrarpolitische Impulse zu setzen, meint Hardegg. Das gemeinsame Projekt sei ein Geschenk an den österreichischen Ratsvorsitz. Als großer Familienbetrieb wolle man als Pionier auftreten und zeigen, wie Landwirtschaft und Artenvielfalt zusammengebracht werden können. (luis, 30.5.2018)