Runde Spiegel mit goldenen Umrahmungen, blassrosa Fließen an den Wänden, senffarbene Details und ein Boden in 70’s-Optik. Was aussieht wie der Traum eines Nostalgikers, ist der Flagship-Store von Red Valentino in London. Architektin und Designerin India Mahdavi hat dem Aushängeschild der jungen Linie des bekannten italienischen Modelabels einen Lollipop-Look der Extravaganz verpasst.

Die Präsentation der Marke geht hier weit über das Produkt hinaus. Der Shop lässt somit nicht nur das modische Angebot erahnen, sondern transportiert auch gleichzeitig das Image und die DNA des Unternehmens. Wichtig ist ja nicht nur, was verkauft wird, sondern auch wie etwas verkauft wird.

Ein Traum in Rosa: Der Red Valentino Flagship-Store in London.
Foto: Red Valentino

Räumliche Inszenierung

Dass Marken sich auch in ihren Verkaufsräumen inszenieren, ist prinzipiell nichts Neues. Online-Shopping und internationaler Konkurrenz scheinen dies aber heute wieder wichtiger zu machen. Die Technik hat uns zu informierten, smarten Konsumenten gemacht. Angebot und Gegenangebot sind dank Internet in Sekundenschnelle eingeholt. Das Geschäft als reiner Verkaufsort funktioniert daher nur mehr bedingt – zumindest was das Luxusgütersegment betrifft. Um sich in einer digitalen (Shopping-) Welt behaupten zu können, braucht es deshalb mehr als ein Warenangebot.

High-Tech trifft Natur: Die Molecure Pharmacy in Taiwan hat mit der klassischen Apotheke nur mehr wenig gemeinsam.
Foto: Kuomin Lee / molecure pharmacy

Große Marken beauftragen deshalb namhafte Designer, die sich dem Innenleben der Verkaufsräume widmen. Und wo das Budget (noch) keine Rolle spielt, sind den Konzepten auch keine Grenzen gesetzt. Im Gegenteil – je außergewöhnlicher, je individueller und spezieller, desto besser. Denn Aufmerksamkeit ist heutzutage Mangelware. Geplant wird dabei jedes Detail: von Farben und Formen der Einrichtung über Gerüche, Licht und Musik bis zum Verhalten der Angestellten. Die Geschäfte sollen dadurch zu einem unverwechselbaren Gesamtkunstwerk werden, das sich aus Produkten und deren Präsentation zusammensetzt.

In den Stores des südkoreanische Sonnenbrillen-Labels Gentle Monsters werden die Grenzen zwischen Shop und Bühnenbild komplett aufgelöst. Nichts erinnert mehr an einen Verkaufsraum.
Foto: gentle monster

Auf 256 Seiten zeigt der Bildband "Shoplifter!" ausgefallene Shopdesigns und kreative Konzepte, die bis ins letzte Detail reichen. Die Verkaufsräume werden hier aber nicht nur unter dem Designaspekt beleuchtet, sondern auch als Teil der Kommunikation nach außen betrachtet. Der Shop steht hier für den Dialog zwischen Marke, Produkt und Kunden.

Ob nun Flagship-Store oder ein kleiner Shop in der Innenstadt – die Schaufenster von Hermès sorgen immer für eine Überraschung, wie etwa dieses von Zim & Zou in Barcelona.
Foto: Nacho Vaquero/ Hermès
Die Eingangstüren zu den Umkleidekabinen im Siam Discovery Komplex in Bangkok sind gar nicht so einfach zu finden.
Foto: takumi ota / siam discovery
Designerin Cristina Celestino hat dem Pariser Store von Sergio Rossi eine feminin-elegante Linie verliehen.
Foto: Mattia Balsamini / Sergio Rossi
Foto: gestalten

Shoplifter! New Retail Architecture and Brand Spaces
Gestalten Verlag
49.90 Euro

(Susanne Garber, 29.8.2018)

Weiterlesen:
Designerin India Mahdavi: "Niemals nur zwei Farben verwenden"