Entrepreneurship ist ein Fremdwort für die Österreicher. Zumindest gibt es viele, die das so sehen, sagt Nikolaus Franke, wissenschaftlicher Leiter des Gründungszentrums an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien. "Ein kleines Kind lernt, man muss sich hinten anstellen, man darf nichts riskieren, ein Fehler ist eine Schande, und frag nicht so blöd", sagt Franke. Hier will das Gründerzentrum ansetzen und startete das Changemaker-Programm, um junge Menschen zu ermutigen, kreativ tätig zu werden.

Zunächst war es als rein extracurriculares Angebot ausgeschrieben, wurde dann aber bald auch mit ECTS-Punkten versehen, damit Studierende sich das Programm in ihrem Studium anrechnen lassen können. In den ersten Phasen bekamen sie E-Mails, die Lust aufs Unternehmertum machen sollten. Es folgten Workshops, etwa zu den Themen Storytelling und kreativem Denken. Schließlich gingen die 42 teilnehmenden Studierenden an 14 Volksschulen, wo sie gemeinsam mit den Schülern innerhalb von eineinhalb Monaten einen Marktstand entwarfen.

Zwölf Wiener Schulen, eine aus Klosterneuburg und eine aus Krems waren dabei. Für den Abschlusstag dieses Programms verwandelte sich der WU-Campus am 23. Mai in einen Marktplatz. Rund 300 Volksschulkinder stellten ihre Ideen zum Verkauf aus – Produkte oder Dienstleistungen, die sie gemeinsam mit den Studierenden entworfen hatten. Darunter zu finden waren etwa ein Wissenstest, selbstgebastelte Armbänder oder beschriebene Turnsackerln. Mit dem Erlös unternehmen sie etwas gemeinsam – zum Beispiel Eis essen gehen, denn Gründergeist braucht schließlich Ziele.

Vorbild aus den USA

Inspiriert ist das Projekt durch den Lemonade Day aus den USA, ein Tag, an dem mittlerweile Millionen von Kindern ihren Limonadenstand betreiben. Das soll ihre Lust auf das Unternehmertum wecken und Innovation fördern, was auch das erklärte Ziel des Changemaker-Programms ist. "Wir konnten etwas ausprobieren, das wir noch nie gemacht haben und haben sehr viel überlegt", sagt Sara aus der 4b der Volksschule Erlaaer Schleife. Und ihre Klassenkameradin Celine fügt begeistert hinzu: "Es war super!"

Von dem neuen Lerndesign profitierten beide Seiten, da sind sich alle einig. "Kinder nehmen Inhalte besser von Studierenden als von Lehrenden auf", sagt WU-Vizerektorin Edith Littich. Umgekehrt würden Studierende neue Kompetenzen mitnehmen, wie etwa eine Gruppe zu motivieren und ihre Begeisterung für Innovation weiterzugeben. Außerdem lerne man selbst auch mehr über die Sache an sich, sobald man sie an andere vermittelt.

Daher wird den Studierenden große Autonomie im Umgang mit ihren Klassen überlassen. Sie können ihr eigenes Miniprojekt führen, das Stichwort hier lautet Ownership, wie Stephan Kardos, der das Changemaker-Programm leitet, sagt. Im Anschluss an den Markttag finden jetzt noch bis 6. Juni gemeinsame Reflexionsworkshops statt, in denen das Lernmoment herausgearbeitet wird. Klar ist jetzt schon: Da der erste Durchlauf als Erfolg gewertet wird, soll das Programm im nächsten Jahr weitergehen und möglichst viele Schüler und Studenten erreichen. (alp, 10.6.2018)