EZB-Präsident Mario Draghi könnte helfen. Ob er darf, ist nicht klar.

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Frankfurt/Mailand – Die Krise in Italien und ihre möglichen Folgen für die Eurozone lassen Investoren verstärkt auf die Europäische Zentralbank (EZB) schauen. Sie könnte reagieren müssen, hieß es auch am Donnerstag wieder – unabhängig davon, ob nun eine neue Populisten-Regierung die Märkte verunsichere oder ob ihr Scheitern und eine baldige Neuwahl Italien weiter in die Krise schlittern lasse. Denn die Folgen der Unsicherheit zeigen sich schon jetzt: 3,4 Prozent betrugen etwa die Renditen für zehnjährige italienische Staatsanleihen zuletzt – doppelt so viel wie drei Wochen zuvor.

Gleich vorweg: Auch die Möglichkeiten der EZB sind nicht unbegrenzt. Zur Stützung Italiens und der Eurozone hätte sie allerdings einige Varianten zur Hand:

· Anleihenkäufe Eine Handlungsmöglichkeit hat die EZB schon bisher eingesetzt, und das könnte Italien nun vorerst Luft verschaffen. Die Europäische Zentralbank hat mit ihren gezielten Anleihenkäufen nämlich die Zinsen schon jetzt so weit gedrückt, dass Italien auch bei fortgesetzten Problemen so schnell keine Schuldenkrise drohen wird. Auch bei höheren Risikoaufschlägen würden die Beträge, die Rom an Zinsen zurückzahlen muss, in den kommenden Jahren wohl sinken, sagte Commerzbank-Experte Ralph Solveen zur APA. Das gelte auch dann, wenn die Renditen für Staatsanleihen sich noch einmal fast verdoppeln würden – auf einen Wert um die sechs Prozent, der zuletzt zum Höhepunkt der Staatsschuldenkrise erreicht wurde. Erst in den Jahren nach 2030 würden sie sich nach den Worten Solveens für den italienischen Haushalt besorgniserregend erhöhen.

· Direkte geldpolitische Geschäfte Sollte die Situation doch aus dem Ruder laufen, steht der EZB seit Sommer 2012 ein weiteres Instrument zur Verfügung. Direkte geldpolitische Geschäfte (Outright Monetary Transactions, OMT) würden der Zentralbank ermöglichen, gezielt Staatsanleihen kriselnder Euroländer zu kaufen. Die Transaktionen müssen nicht im Vorhinein begrenzt werden, die EZB könnte also so lange handeln, bis die Renditenaufschläge wieder auf einem aus ihrer Sicht vertretbaren Niveau liegen.

· Innere Einigkeit EZB-Chef Mario Draghi hat mehrfach versichert, er werde alles tun, was nötig sei, um den Euro zu verteidigen. Weil Draghi entsprechende Programme – darunter auch OMT – bisher mit nur mäßigem Gegenwind durchbringen konnte, ist seit 2012, als er das Versprechen zum ersten Mal abgegeben hat, das Vertrauen dahingehend, dass er es auch halten kann, weiter gestiegen. Völlige Sicherheit gibt es aber nicht. Deutschland hat sich Programmen wie OMT gegenüber stets kritisch gezeigt, im September 2012 stimmte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann als einziges Mitglied im EZB-Rat gegen das Programm.

· Politische Durchsetzung Zu all diesen Möglichkeiten gehört auch der politische Wille, sie durchzusetzen. Und genau daran könnten auch die letzten Limits dessen liegen, was die EZB im italienischen Krisenfall tun kann. Denn gerade das Poltern gegen das "Diktat Brüssels" ist es ja, das Parteien wieder rechten Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung zuletzt Zuspruch der italienischen Wählerinnen und Wähler verschafft hat. Es gilt als fragwürdig, dass ihre Regierung strikte Bedingungen erfüllen würde, die für OMT und Hilfen aus dem Eurorettungsschirm nötig sind. (red, APA, 1.6.2018)