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Matteo Salvini fand zum Amtsantritt harte Worte. Mit Anhänger posierte er für Antiflüchtlings-Selfies.

Foto: AP / Claudio Peri

Für die illegalen Einwanderer sind die schönen Zeiten vorbei", erklärte Matteo Salvini am Samstag, keine 24 Stunden nach seiner Vereidigung als neuer Innenminister der italienischen Populistenkoalition aus Lega und Cinque Stelle. Und er gab den Migranten gleich den Rat: "Packt schon mal eure Koffer!" Salvini versprach im gleichen Atemzug, dass er die Mittel für die Flüchtlingsbetreuung drastisch kürzen werde, denn die jährlich rund fünf Milliarden Euro seien "ein bisschen viel".

In Sizilien erklärte er, dass die Insel nicht zu einem "Flüchtlingslager" werden dürfe. Er werde dafür sorgen, dass sich das Geschäft der "Schlepper und Vizeschlepper" nicht mehr lohnen werde. Mit den "Vizeschleppern" meinte Salvini die privaten Flüchtlingsretter im Mittelmeer.

Streit ist möglich

An den neuen Ton im italienischen Innenministerium werden sich auch Salvinis Amtskollegen in der Europäischen Union gewöhnen müssen. Der 45-jährige Mailänder versichert zwar, dass er mit den EU-Ministern "zusammenarbeiten und nicht streiten" wolle – aber er hat schon im Wahlkampf keinen Zweifel daran gelassen, dass er das Dublin-Abkommen ablehnt und neu verhandeln will. Der Vertrag sieht vor, dass Flüchtlinge in dem Land ihr Asylgesuch stellen müssen, in dem sie erstmals europäischen Boden betreten. Das ist bei Bootsflüchtlingen meist Italien. Salvini fordert anstelle des Dublin-Abkommens eine "obligatorische und automatische Umverteilung der Asylwerber auf alle EU-Länder".

Eine weitere Priorität Salvinis: Er will 500.000 Migranten, die sich illegal im Land aufhalten, "einen nach dem anderen zurückliefern". Zu diesem Zweck will er so schnell wie möglich mit den Herkunftsländern Rücknahmeabkommen schließen – bisher hat Italien derartige Verträge nur mit Tunesien, Ägypten, Marokko und Nigeria. "Wer vor dem Krieg flüchtet, ist bei uns willkommen. Aber alle anderen sollten schon gar nicht losfahren. Wenn sie es trotzdem tun, dann müssen sie wissen, dass sie nicht in Italien bleiben können", erklärt Salvini. Wie er die Migranten ohne Rücknahmeabkommen in ihre Heimat abschieben will, hat der neue Innenminister bisher nicht verraten.

Realitätstest

Auf Salvini wartet ohnehin ein harter Realitätstest. Die drei sozialdemokratischen Vorgängerregierungen hatten ebenfalls schon versucht, die europäischen Partner zu einer Reform des Dublin-Abkommens zu bewegen – ohne Erfolg. Auch in Sachen Rücknahmevereinbarungen sind Enrico Letta, Matteo Renzi und zuletzt Paolo Gentiloni nicht untätig gewesen. Gentilonis Innenminister Marco Minniti ist es gelungen, durch ein Abkommen mit der libyschen Regierung die Zahl der von Libyen aus losfahrenden Migranten seit dem vergangenen Sommer um über 80 Prozent zu reduzieren. Angesichts der politischen Instabilität Libyens muss Salvini schon froh sein, wenn die von seinem Vorgänger Minniti abgeschlossenen Vereinbarungen den Sommer überleben.

Salvinis Aussagen haben bereits erste Proteste ausgelöst. Der Anti-Mafia-Autor Roberto Saviano erklärte am Sonntag, es sei "erbärmlich", die privaten Retter als "Vizeschlepper" zu bezeichnen. Saviano erinnerte daran, dass die privaten Schiffe ausschließlich im Auftrag der italienischen Küstenwache tätig würden. Er forderte Beamte im Innenministerium zu Ungehorsam auf, falls Salvini die Flüchtlinge ertrinken lassen wolle. Kritik kam sogar aus der Lega: Roberto Maroni, der unter Silvio Berlusconi Innenminister gewesen war, erklärte, dass man sich in diesem Amt "mit Proklamationen zurückhalten sollte". (Dominik Straub aus Rom, 4.6.2018)