Den Geburtstag einer Person zu feiern ist eine weitverbreitete Tradition, die mit Liebkosungen, Gesang, Torte und Tanz begangen wird. Beim Jubiläum eines Unternehmens wird die Sache abstrakt. Wem fällt man um den Hals, küsst man auf glühende Wangen oder haut ihm freundschaftlich auf die Schulter? Dem Gründer, den Erben, dem gesamten gerade amtierenden Vorstand? Nein, man entschloss sich zu einem Ausflug mit historischen Autos auf einer historischen Route.

Historische Autos, die einem das Herz aufgehen lassen.
Foto: Porsche Austria / Christian Houdek

Dieser Tage jährt sich die letzte Abnahmefahrt des Ur-Porsches, der Nummer 356-001, die vom Kärntner Gmünd nach Heiligenblut und über den Weißensee zurück nach Gmünd führte, zum 70. Mal. Ausgangs- und Endpunkt der Jubelreise war die Produktionsstätte des ersten Sportwagens, wohin die Firma, die sich unter Ferdinand Porsches Leitung mit der Entwicklung des Käfers, diverser Antriebskonzepte für Autos, landwirtschaftlicher Maschinen sowie von Flugzeugmotoren und Kriegsgerät einen Namen gemacht hatte, vom bombenbedrohten Stuttgart nach Kärnten übersiedelt war.

Ferdinand Porsche und Sohn Ferry im Jahr 1934. Ferry hatte nach dem Krieg die Idee zum 356er – die Sportwagenmarke war geboren.
Foto: Porsche

Im Schutz dieser Idylle baute Sohn Ferry ein Auto, von dem er träumte, das er aber nirgends finden konnte. Auf die Basis eines Käfers wurde eine in Handarbeit über einen Holzrahmen gedengelte Alukarosserie gesetzt. Der Mittelmotor-Roadster mit Gitterrohrrahmen und auf 35 PS gesteigertem Vier-Zylinder-Boxer erhielt den Namen der Konstruktionsnummer: 356. Und genau dieses Auto, die Nummer eins, die sonst im Stuttgarter Porsche-Museum streng bewacht und unberührbar den Beginn eines Weltkonzerns markiert, führte den Corso historischer Porsches durch die Frühlingslandschaft zum Fuß des Großglockners an.

Preziosen-Aufstellung

Fahren durfte man alle anderen, die 356 früher Baujahre in geschlossener, Cabrio- und Speedstervariante, den 911 Turbo und den Cayman GT4. Eine beeindruckende Aufstellung von Preziosen beim Start am Gmündner Stadtplatz, von dem allerdings die Bevölkerung wenig Notiz nahm. Als Pilgerstätte für die Porsche-Glaubensgemeinschaft scheinen die Zuffenhausener Sportler zur Alltagserscheinung degradiert, ein Umstand, zu dem auch das lokale Porsche-Museum seinen kleinen, feinen Beitrag leistet.

Treffen der Generationen auf der Strecke der historischen Abnahmefahrt des Ur-Porsches, des ersten 356ers. Von Gmünd hoch zum Glockner und zum Weißensee und wieder retour.
Foto: Porsche Austria / Christian Houdek

In gemessenem, einerseits den 35 PS der Nummer eins, andererseits der Vorsicht im Umgang mit dem Heiligen Gral geschuldetem Tempo strebten die Porsches durch die Hügel und Wälder bergan, wobei ein giftiges Röhren ab und an darauf hinwies, dass sich die Fahrer modernerer Exemplare zurückfielen ließen, um dann den Schub von 300 oder 385 PS beim Aufschließen kurzfristig auszukosten.

Auch moderne Porsches nahmen an der Ausfahrt teil.
Foto: Porsche Austria / Christian Houdek

Die älteren Semester vom Schlage eines 356 A Coupé waren mit einigem Lenkradspiel, wenig Bremskraft und 60 PS vom Fortgang der Ereignisse zwar nicht überfordert, aber für die gemächliche Gangart dankbar. Musste man dieses Auto durch häufige Lenkkorrekturen achtsam in der Straßenmitte halten, entfachte der äußerlich noch immer sehr ähnliche 356 B Jahrgang 1962 in der Carrera 2-Version schon deutliche Porsche-Gefühle. Abgesehen von seinem Zwei-Liter-Rennmotor mit 130 PS erstaunen die präzise Lenkung und die Kraft der Scheibenbremsen, die aus der Formel 1 in die Serie übernommen wurden.

Aus einer Zeit, als 1600er super sein konnten.
Foto: Porsche Austria / Christian Houdek

Vor ihm fuhr der 356 A Super Speedster aus dem Jahr 1958, der als das James-Dean-Unfallauto tragische Berühmtheit erlangte. 75 PS aus dem Vierzylinder-Leichtmetallmotor verhalfen ihm zu einer Beschleunigung von 14,5 Sekunden von null auf 100 km/h und zu einer Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h. Leichte Schalensitze und Steckseitenfenster und das Fehlen von Heizung, Handschuhfachdeckel und Sonnenblenden drücken das Gewicht auf 760 kg.

Der Star der Veranstaltung war die Nummer eins mit dem Originalkennzeichen K 45-286
Foto: Porsche Austria / Christian Houdek

Star und meistfotografiertes Objekt der Veranstaltung war klarerweise die Nummer eins, die mit dem Originalkennzeichen K 45-286 die 256 Kilometer der Abnahmefahrt wiederholte. Der Wagen, so schrieb sein Schöpfer Ferry Porsche, "war am 8. 6. 1948 fertiggestellt. Mit seiner kompakten Bauweise, dem niedrigen Gewicht und dem kurzen Radstand übertraf er sogar unsere Erwartungen. (...) Der 356 jagte die Berge hinauf wie eine Gämse und schaffte spielend 130 km/h."

Holz und Metall, wo heute Leder dominiert.
Foto: Porsche Austria / Christian Houdek

Dieses Tempo erreichten wir nicht. Aber wir machten das, was Karl Rabe, ein Mitarbeiter der frühen Tage, in seinen Tagebüchern notierte: "Gemeinde Heiligenblut: Wir sind dort um 10.30 Uhr und sehen eine Fronleichnamsprozession mit interessanten Trachten. Wir essen im Hotel Sonnhof. Wir geben eine Grußkarte an Prof. P. auf." Unsere Karte ging 70 Jahre später an Wolfgang Porsche. (Andreas Hochstöger, 6.6.2017)