Katy Perry gastierte in der Wiener Stadthalle – Anbahnungsmusik in alltagsuntauglicher Kleidung. Ihr Publikum fand das super.

APA / Hochmuth

Nach dem dritten Akt fühlte man sich am Rande eines Burnouts. Da stand Katy Perry wieder einmal draußen, am Ende des obligatorischen Laufstegs, und spielte Klavier mit einem Haifisch.

An sich etwas derart Exotisches, dass es einem erhöhte Aufmerksamkeit abringen sollte, doch die Show des US-Stars stieß dabei an ihre Grenzen. Das Klavier bestand aus am Boden aufgelegten Tasten, auf denen Perry mit einem in einem poolblauen Haifischkostüm steckenden Laiendarsteller herumhüpfte. Minutenlang.

Harmlos muss es sein

Dazu gab sie der heißen Wiener Stadthalle lauwarme Scherze. Perry trug ihrerseits eine karierte Hose und einen Busenhalter, dessen Körbchen glupschende Augen waren, zu denen sie vorher ein paar harmlose Witze absonderte. Denn harmlos musste es schon wegen ihres Publikums sein.

Katy Perry macht Popmusik. Irgendwie geht's um Sex und sexy – inszeniert wird die Botschaft über eine Märchenweltshow für große und kleine Kinder. Es ist Musik für die Generation Zahnspange, für ein Publikum, das von seinem Smartphone mit ins Konzert genommen wird, und für Erwachsene, die das Leben für einen Hit halten.

Dank ans Smartphone

Als Dank an das Smartphone wird dieses zwei Stunden lang orthopädisch bedenklich über Kopf auf die Zielperson gerichtet, und man kann das irgendwie nachvollziehen, denn musikalisch verfängt Katy Perry eher wenig.

Die 33-jährige aus Kalifornien ist vor zehn Jahren aufgetaucht. Mit dem Huch!-Hit I Kissed A Girl gelang ihr ein Instant-Erfolg samt Empörungsbäuerchen bei den Empörten, weil: Ein Girl küsst ein Girl? Wie schröcklich!

Fünf Akte

Seither sind über 100 Millionen Alben von ihrer Musik verkauft worden, sie selbst in den Rang des Superstars aufgestiegen, was am Montag 12.500 Besucher kreischend unterstrichen haben.

Perry befindet sich zurzeit auf ihrer Witness-Welttournee. Witness heißt ihr im Vorjahr erschienenes fünftes Album. In der Show ist, wie es sich für Märchenland gehört, alles groß und bunt. Woran es dem dominierenden Elektro-Pop mit ein paar Banddarstellern ermangelte, machte Perry in fünf Akten und ebenso vielen Kostümwechseln, mit zwei Handvoll Tanzmäusen und beständig wechselnden Bühnendekorationen wieder wett – ein bisschen halt.

Lustig, wenn man sich bemüht

Da gab es riesige Lippen bei I Kissed A Girl, riesige Rosen beim Song Tsunami, ein gigantisches Insekt samt fleischfressender Pflanze bei E.T. oder mannshohe Salz- und Pfefferstreuer bei Bon Appetit. Lustig, wenn man sich sehr anstrengt, wenn nicht, nicht.

I Kissed A Girl – live auf Katy Perrys Witness-Tour.
Trancealien1

Perry selbst konnte man fehlenden Einsatz aber nicht vorwerfen. In tendenziell alltagsuntauglichen Gewändern lief, tanzte und turnte sie zwei Stunden lang nach dem Prinzip "Leistung muss sich wieder lohnen" über die Bühne.

Frühzeitig erschöpft

Sie schwebte im besinnlichen vierten Akt über die Köpfe des Publikums und landete dabei in dem Bereich, für den sie eine erhöhte Fanpönale einheben ließ. Dafür konnte das dortige Publikum Perry seine Smartphones direkt vors Gesicht halten, das muss einem das Geld wert sein. Sie blödelte derweil herum, anschließend ging's hurtig in Richtung Finale, doch das erlebten nicht mehr alle.

Einige jüngere Faninnen wurden wegen akuten Informationsoverloads von ihren Eltern frühzeitig aus dem Saal geleitet. Zum Glück und zum Trost gab es draußen üppig beladene Merchandise-Stände – samt Ganzkörperhaifischkostüm um schlappe 150 Euro. "Papa, bitteeeee!" (Karl Fluch, 5.6.2018)