Der Vulkanausbruch in Guatemala und seine ersten sichtbaren Folgen: Eine Aschenwolke zieht ab.

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Frage: Zuletzt war von zwei Vulkanausbrüchen die Rede: Kīlauea auf Hawaii, bei dem die Bewohner im Umland laut Medienberichten relativ glimpflich davonkamen, und nun der Ausbruch des Fuego, der bisher über 100 Todesopfer forderte. Was genau geschah beim Ausbruch des Vulkans Fuego, und welcher Vulkantyp ist das?

Antwort: Fuego in Guatemala ist ein Schichtvulkan, er ist aus Schichten von Lava und lockeren Formationen aufgebaut. Magma wurde bei der Eruption durch gasreiche Komponenten "zerstückelt" und fiel, weil es schwerer ist als Luft, in Form von Pyroklastika zur Erde nieder. Diese 500 bis 700 Grad Celsius heißen Brocken bilden einen Strom, den pyroklastischen Strom, der sich ähnlich wie Lawinen je nach Hangneigung schnell den Weg zum Tal bahnt. 150 Kilometer in der Stunde sind dabei keine Seltenheit. Die treibende Kraft hinter diesen Strömen ist die Gravitation. Dieser Strom ist tödlich, unter ihm verbrennen die Menschen. Dazu kommt ein Aschenregen, der in die Atemwege von Mensch und Tier eindringt.

Frage: Gibt es ein Frühwarnsystem für Menschen, die in der Nähe eines solchen Vulkans leben?

Antwort: Das gibt es, es ist aber sehr teuer. Daher wurde das System nur bei weniger als der Hälfte der derzeit etwa 1.500 aktiven Vulkane über der Erdoberfläche installiert. Entwicklungsländer wie Guatemala und Länder mit vielen Vulkanen, Indonesien zum Beispiel, sind nicht gut ausgestattet. Im Normalfall besteht das System aus einer seismischen Station, die leichte Erschütterungen misst, mit Infrarotkameras wird die Entgasungstemperatur kontrolliert. GPS (Global Positioning System) wird eingesetzt, um Verformungen zu erkennen, um zu sehen, ob der Vulkan aktiv wird und in welcher Tiefe das Magma ist. Letztlich werden auch Gase kontrolliert, die viel schneller freikommen können, als es Magma kann.

Frage: Ist die Ascheentwicklung aufgrund der starken Ausbrüche in der Atmosphäre höher als normal und kann das Einfluss auf das globale Wetter haben? (Frage kommt von User angmar hexenkönig)

Antwort: Der Ausbruch des Fuego ist zu klein um das Wetter zu beeinflussen. Diskutiert werden muss aber, ob eine permanente Evakuierungszone eingerichtet werden muss, so wie etwa an anderen aktiven Vulkanen.

Frage: Welche Art von Ausbruch ist am häufigsten?

Antwort: Am häufigsten sind strombolianische Ausbrüche, benannt nach dem Vulkan Stromboli, der der gleichnamigen Insel ihren Namen gab. Sie treten alle zehn bis dreißig Minuten auf. Zum Glück kann man sagen: Je heftiger die Ausbrüche sind, desto seltener treten sie auf. Man misst sie ähnlich wie bei Erdbeben mit einer Skala, dem Vulkanexplosivitätsindex (VEI) – er reicht von null bis acht, neun gibt es theoretisch auch, wurde aber noch nie gemessen. Ausbrüche wie jener in Guatemala werden mit VEI3 gemessen. Einer der stärksten Vulkanausbrüche dürfte der des Taupo in Neuseeland vor etwa vor 26.500 Jahren gewesen sein. Der isländische Vulkan Eyjafjallajökull, dessen Aschenwolken 2010 durch Wind Richtung Europa zogen, hatte VEI4. Damals wurde die Lava vom Gletscher "abgeschreckt", es kam zu Verdampfungen, und Asche stieg in die Luft. Mit Nordwind wurden das Wetter und der Flugverkehr in Europa beeinflusst, was aber laut Experten gerade auf Island nicht selten passiert.

Frage: Wie viele aktive Vulkane gibt es, und wo liegen sie?

Antwort: Es gibt etwa 1.500 aktive Vulkane über der Erdoberfläche – an tektonischen Plattengrenzen – und laut Schätzungen etwa 500.000 auf dem Meeresboden, "sea mounts", über die man allerdings aufgrund der Abgelegenheit relativ wenig weiß. Man kann seriöserweise nicht sagen, ob ein Vulkan wirklich inaktiv ist, denn es gibt auch solche, die vielleicht einmal in 100.000 Jahren eruptieren. Sie nennt man monogenetische Vulkane.

Frage: Italien hat zahlreiche Vulkane, die bekanntesten sind wohl Ätna und Stromboli im Süden sowie der Vesuv bei Neapel. Wie kritisch ist die Situation dort?

Antwort: In Italien funktioniert die Frühwarnung laut Experten vorbildhaft – die Zusammenarbeit mit dem Zivilschutz, der Evakuierungen einleiten kann, und Experten, die Katastrophenszenarien simulieren, gilt als eingespielt. Man kann derzeit auch in Italien nicht voraussagen, wie stark ein Vulkan ausbricht, aber man kann sagen, dass er ausbricht. Eine besondere Situation ist in Neapel zu beobachten. In der Nähe gibt es sowohl den Vesuv als auch die Phlegräischen Felder. Die letzte Eruption dieses Vulkanfelds ist aus dem Jahr 1538 bekannt, derzeit erkennt man wieder mehr Aktivitäten. Experten sagen, dass diese Region unter starker Beobachtung steht, vor allem wegen der nahe gelegenen Millionenstadt Neapel. Auch der Ätna auf Sizilien ist daueraktiv, und zwar seit einigen Jahrzehnten. Anfang des Jahrtausends kam es zu gewaltigen Ausbrüchen, die Ostflanke hat sich bewegt.

Frage: Wie kann man angesichts von Vulkanausbrüchen die Sicherheit verbessern?

Antwort: Da man Vulkanausbrüche natürlich nicht verhindern kann, kann man sich darauf nur bestmöglich vorbereiten. Der Fuego war schon längere Zeit aktiv. Schwierig ist allerdings, die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit zu treffen. Wenn sich eine Evakuierung als falscher Alarm herausstellt, werden die Menschen bei der nächsten Warnung umso nachlässiger. Wissenschafter sagen, dass man Einwohnern in der Umgebung eines Vulkans immer wieder einschärfen müsste, wo sie leben und welche Gefahren da lauern, wenn man zu nahe kommt. Technologische Entwicklungen machen optimistisch: Vulkanologen arbeiten immer häufiger mit Satellitensystemen wie Sentinel – diese Daten sind jederzeit und gratis verfügbar, auch für Länder, die sich teure Warnsysteme nicht leisten können. (Peter Illetschko, 6.6.2018)

Bei den Antworten wurden wir vom Lithosphärenforscher Thodoros Ntafalos von der Universität Wien und von Thomas Walter, Vulkanologe vom Helmholtz-Labor für Geowissenschaften in Potsdam, beraten.

Update mit einer Ergänzungsfrage: Sa, 9.6., 12.30