Eine sechste Urlaubswoche für Mitarbeiter führt in Österreich zu Meinungsverschiedenheiten. Die AK ist begeistert, die WKO nicht – kein Novum in Österreich.

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In vielen Industriestaaten der Erde stellen fünf Wochen Urlaub für die Mitarbeiter – auf gesetzlicher Basis – ein undenkbares Szenario dar. Für österreichische Arbeitnehmer ist das allerdings der Status quo. In jüngster Vergangenheit entschlossen sich Arbeitgeber vereinzelt sogar dazu, ihrem Personal eine sechste Urlaubswoche zuzugestehen.

Der Blick richtet sich nach Wien, konkret in eine Hornbachfiliale im 22. Bezirk. Dort gab Hornbach-Österreich-Geschäftsführer Stefan Goldschwendt am Mittwoch bekannt, dass jene Mitarbeiter, die seit mehr als einem Jahr im Unternehmen arbeiten, ab 1. Juli eine sechste Urlaubswoche dazubekommen. Wer noch kein Jahr für Hornbach arbeitet, bekommt die Extrawoche zum einjährigen Jubiläum. Rund 1600 Angestellte profitieren davon.

Auswirkungen der Konjunktur

Wirkt sich die gute Konjunktur also positiv auf die Arbeitsbedingungen aus? Arbeitsmarktökonom Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien (IHS) erkennt durchaus einen Zusammenhang. "Bei guter Konjunktur muss ich auch vernünftige Arbeitsbedingungen bieten, vorausgesetzt, es geht sich finanziell aus. Auf der anderen Seite kann es natürlich sein, dass dadurch die Arbeitsbelastung steigt", sagt Hofer, bezieht sich dabei aber nicht auf Hornbach.

Wenig überraschend zeigt sich die Wirtschaftskammer (WKO) vom Konzept der sechsten Urlaubswoche nicht sonderlich begeistert. "Eine sechste Urlaubswoche führt zu einer Arbeitszeitverkürzung, dadurch steigen die Kosten. Steigende Kosten können den Druck auf die Mitarbeiter erhöhen und in einem kleinen Land wie Österreich auch Preissteigerungen nach sich ziehen", sagt Peter Johann Buchmüller, Obmann der Sparte Handel bei der WKO. Auf lange Sicht sei das nicht finanzierbar und auch nicht gern gesehen, außerdem gebe es die sechste Urlaubswoche ja für Mitarbeiter, die 25 Jahre bei einer Firma angestellt sind.

Den Fall Hornbach oder andere "Einzelfälle" kommentiert er allerdings nicht. Ebenso kaum überraschend zeigt sich die Arbeiterkammer (AK) begeistert. AK-Präsidentin Renate Anderl gratulierte Hornbach zu diesem Schritt und meinte, die AK werde sich weiter für ein einfacheres Erreichen der sechsten Urlaubswoche im Handel einsetzen.

Zusätzlicher Planungsaufwand

Dass dieses Entgegenkommen zusätzlichen Aufwand für die Hornbach-Unternehmensführung bedeutet, weiß auch Goldschwendt: "Wir müssen künftig engagierter und genauer planen. Möglicherweise werden mehr Aufgaben als bisher ausgelagert. Auch dass zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden, ist möglich", sagt er im Gespräch mit dem Standard. Genaue Pläne gebe es dazu aber noch nicht.

"Eine gesunde Balance zwischen Privatleben und Beruf ist unseren Mitarbeitern wichtig, wir möchten ihnen da entgegenkommen", meint Goldschwendt zu den Beweggründen. Weiters verweist er auf die Rahmenbedingungen im Handel: "Beim Thema Arbeitszeit gibt es attraktivere Branchen als den Handel."

Einstiegsgehalt erhöht

Als zweite Maßnahme, die die Attraktivität des Unternehmens mit Hauptsitz in Deutschland steigern soll, erhöhte der Baumarkt das Bruttoeinstiegsgehalt von 1750 auf 1820 Euro. Damit zahlt Hornbach 234 Euro mehr, als es das kollektivvertragliche Mindestgehalt vorsieht. Dieses liegt im Handel für Vollzeitbeschäftigte bei 1586 Euro brutto. Hornbach ist mit derartigen Maßnahmen nicht allein. Die sechste Urlaubswoche hat der Betriebsrat des Wiener Flughafens gemeinsam mit Gewerkschaften, dem Arbeiterbetriebsrat und der Wirtschaftskammer im Frühjahr vereinbart.

Und auch der schwedische Möbelriese Ikea erhöhte im März die Mindestlöhne auf 1800 Euro brutto. Die Anhebung galt für alle Arbeitsbereiche.

Sowohl IHS-Experte Hofer als auch WKO-Spartenobmann Buchmüller sehen in diesen Beispielen Einzelfälle und erkennen keinen Trend. Aussagekräftige Studien, inwiefern sich Hochkonjunktur auf Arbeitsbedingungen auswirkt, liegen noch nicht vor. Das Wirtschaftshoch hat schließlich erst vor gut sechs Monaten begonnen. (Andreas Danzer, 7.6.2018)