Wiens neuer Landtagspräsident, Ernst Woller, und seine Frau Monika Erb, Chefin der Tschauner-Bühne, wohnen in einem Jugendstilhaus im 3. Bezirk. Kunst und Reisemitbringsel sind hier wahre Stimmungsaufheller.

Eingezogen sind wir hier im Juli 1999, wobei das Wir nicht so ganz stimmt. Die ersten zwölf, dreizehn Jahre haben wir noch getrennt gewohnt, weil wir beide nach unseren Scheidungen Kinder hatten, die damals noch bei uns gewohnt haben: die Sie mit zwei Töchtern, der Er mit drei Söhnen, dazu noch zwei Katzen und Katzenallergiker in der Patchwork-Family. Mit einem Wort also: Das Zusammenziehen damals schon wäre mit Sicherheit famos schiefgegangen. Das wollten wir uns nicht antun.

"Jede fremde Perspektive, jeder ungewohnte Blickwinkel auf die Welt hat etwas Gewinnendes." Ernst Woller und Monika Erb in ihrem Wohnzimmer.
Foto: Lisi Specht

Zu Beginn war die Wohnung noch recht ... wie sagt man da? Clean! Klinisch clean – und irgendwie auch ziemlich farblos und überaufgeräumt. Böse Freunde meinten damals: "Wohnt da überhaupt wer? Das schaut ja aus wie im Möbelhaus!" Erst mit dem Zusammenziehen ist dann endlich Leben und Farbe reingekommen. Das Haus stammt aus dem Jahr 1913 und ist ein schönes Jugendstilhaus in der Nähe vom Esteplatz im dritten Bezirk.

Die Wohnung hat 115 Quadratmeter und ist sehr schön angelegt geschnitten, weil sie genug Platz bietet zum gemeinsamen Wohnen. Außerdem hat jeder von uns sein eigenes Arbeitszimmer. Vor uns hat hier eine ältere Dame gelebt, die hier mehr als 70 Jahre ihres Lebens verbracht hat. Und diese 70 Jahre haben Spuren hinterlassen! Es gab einen alten, kaputten Kamin, Blümchentapeten und einen ziemlich zerstörten Parkettboden. Wie so eine Wohnung halt nach 70 Jahren ausschaut …

Fotos: Lisi Specht

Daraufhin wurde die Wohnung vom Vermieter generalsaniert. Und seitdem wir zusammenwohnen, ist die Wohnung bunt, farbenfroh, voller Kunst, voller Krimskrams, voller Mitbringsel von unseren Reisen, die wir in irgendwelchen Hinterhofgalerien finden.Durch die Fotos, Drucke, Holzschnitte, Lithografien, Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen fühlen sich unsere Gäste schon im Vorzimmer auf Anhieb wohl.

Insgesamt haben wir an die hundert Werke, und manche davon sind wirkliche Stimmungsaufheller. Kunst gehört in eine Wohnung wie die Luft zum Menschen. Wobei man dazusagen muss: Wir sind zwar beide in der Kultur tätig und kennen uns mittlerweile sehr gut mit der Materie aus, dennoch kaufen wir nicht nach Wert und Geldanlage, sondern einzig und allein nach Lust und Geschmack. Wir kaufen vor allem von Künstlern, die wir persönlich kennen.

Fotos: Lisi Specht

Erfreulicherweise haben wir einen sehr ähnlichen Kunstgeschmack. Das macht das Leben weniger stressig. Eine der schönsten Arbeiten, die wir hier haben, stammt von der steirischen Künstlerin Katarina Matiasek und hängt hinter uns über dem Esstisch. Das sind 22 kleine, kreisrunde Fotografien, die Teil eines großen Fotos sind und in Brailleschrift an die Wand montiert sind. Sowohl der Titel Airborne als auch das Material und die diesige Luft der hier fotografierten Stadt Beirut haben etwas Luftig-Leichtes, das uns sehr berührt.

Fotos: Lisi Specht

Jede fremde Perspektive, jeder ungewohnte Blickwinkel auf die Welt hat etwas Gewinnendes. Nachdem man nur ein Leben zur Verfügung hat, sollte dieses bestmöglich gestaltet sein. Das eigene Wohnen ist wichtiger Bestandteil davon. Ein paarmal im Jahr wollen wir dieses Genießen mit Freunden und Bekannten teilen, kochen dann groß auf mit sieben oder acht Gängen und laden Menschen aus ganz unterschiedlichen beruflichen Ecken zu uns ein, die sich hier kennenlernen können. Und wir haben schon einen Plan für die Zukunft: Wenn wir eines Tages nicht mehr beruflich tätig sein werden und keine kulturellen und öffentliche Funktionen mehr haben, wollen wir uns räumlich verkleinern und das Geld dazu nutzen, durch die Welt zu reisen. (Wojciech Czaja, 11.6.2018)