Der gemeine Österreicher tappt ihr in die Falle: Stefanie Sargnagel.

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Unter dem Titel "Unsere eigene Heimat, Naziland" reist Stefanie Sargnagel durch Österreich. Mit einem zwinkernden Auge bringt sie ihre Landsmänner zum Brodeln. Die Österreich-Beschimpfung trifft ins Schwarze. Sie wird in den Reaktionen der Naziland-Bewohner zur bitteren Realität. Sargnagel lockt den kleinen Mann aus seiner rechten, chauvinistischen Ecke: Shitstorm, Vergewaltigungsaufrufe und die Beleidigung Sargnagels als Nestbeschmutzerin sind das Resultat. "Dreck, den Österreich nicht braucht. Eine Nestbeschmutzerin der übelsten Qualität", heißt es in einem Facebook-Post.

Das heilige Pfingstwochenende bietet Sargnagel gemeinsam mit ihrem jüdischen Kollegen Aron Rosenfeld den perfekten Anlass zur gekonnten Netzbeschmutzung: Sie erklären ihre Heimat zum "Naziland". – Und der gemeine Österreicher tappt in die Falle und zerreißt sich das Maul. Die aggressive Intoleranz offenbart nicht nur seine Humorlosigkeit, sondern auch seine braune Seele. Zwischen den Künstlern entflammt ein absurder Wettstreit: Wer provoziert mehr Hass, die Feministin oder der Jude? Das Resultat ist das gleiche – der Kunstgriff ist gelungen: Österreich präsentiert sich als das, was es nicht sein will. Naziland.

"Wie immer: die das Nest schmutzig machen, zeigen empört auf einen, der ihren Schmutz bemerkt und nennen ihn den Nestbeschmutzer." – Max Frisch

Angesichts ihres weiten Hassvorsprungs vor Rosenfeld zeigt sich Sargnagel auf Facebook einsichtig: "Sry, Österreich is eh ein tolles Land voll mit netten Menschen, keine Spur von Nazis und Chauvinismus". – Eine zweite Lektion bleibt auch nicht aus: "Die ständigen Gewaltdrohungen und Vergewaltigungswünsche von vor allem rechten Männern politisieren und radikalisieren die Frauen meiner Familie erfreulicherweise zunehmend nach links". Verquer!

Konservatives Frauenbild

Nun ernsthaft. Wie die Autorin rätseln wir, wie "ein paar locker flockig in 30 Minuten runtergetippte Reiseanekdoten mit ein paar Nazilandbashingjokes" solche bösartigen Reaktionen hervorrufen können. Unsere Antwort: Es entspricht nicht dem Frauenbild des konservativen Österreichs. Wir haben es mit einem Verbrechen gegen die Weiblichkeit zu tun! Was Mann Sargnagel zur Last legen kann: Wie ein stinkender Punk trampt sie mit einem Juden durch Niederösterreich, kifft mit der Dorfjugend und beansprucht einen Platz in einem Zwei-MANN-Zelt, mit dessen zweitem Schläfer sie – wie man unbedingt anmerken muss – nicht verheiratet ist. Und dann gipfelt ihre Unverfrorenheit auch noch im gemeinsamen Besuch der Pfingstmesse: ungewaschen!

Lustig? – Wohl nur für uns junge Frauen, die wir einen selbstbestimmten Platz auf Mutter Erde beanspruchen. Wir zollen Sargnagel Respekt. Sie bringt die Frau, die faulenzt, säuft, kifft und furzt ans Licht der Welt. Sie ist unser neues Schönheitsideal. (Sanna Schulte, Laura Kosanke, 8.6.2018)