Vizekanzler Heinz Christian Strache und Verteidigungsminister Mario Kunasek.

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Wer kennt sie nicht, diese Phrase, mit der der bodenständige Heuchler verrät, woher der Mief weht: Ich habe viele jüdische Freunde, aber ... Davon aus gegebenem Anlass eine Abwandlung zu liefern konnte sich Michael Jeannée in der "Kronen Zeitung" einfach nicht enthalten. Ich habe viele schwule Freunde und lesbische Freundinnen. Aber nicht einer/eine ist darunter, der/die Dich mag. Angesprochen war damit der Life Ball, und zwar ohne langes Drumherumreden, ohne feiges Wenn und Aber, ohne zu zögern, einfach nur aus tiefstem Herzen: Ich mag Dich nicht, hab dich nie gemocht. Jeannées Abneigung entspringt selbstverständlich keinem unbilligen Ressentiment, sondern stützt sich auf Kronzeugen, an denen kein Zweifel erlaubt ist: Weil sie – die vielen schwulen Freunde und lesbischen Freundinnen – wissen, dass Du Gräben aufreißt, statt sie zu schließen, dass Du Vorurteile schaffst, statt sie abzubauen. Das musste einmal gesagt werden, warum sollen nur die Juden an den Vorurteilen schuld sein, die ihre Freunde gegen sie haben?

Ohne langes Drumherumreden, ohne feiges Wenn und Aber ohne zu zögern, einfach nur aus tiefstem Herzen konnte sich Jeannée ein paar Tage später unter dem hurrapatriotischen Titel Wir sind wieder wer! gar nicht einkriegen vor Begeisterung ob des Unglaublichen, Neuen, Spannenden, Aufregenden. Das Unglaubliche, Neue, Spannende, Aufregende war der ungefähr vierte Besuch Wladimir Putins in Wien, ein Neuigkeitswert, der genügte, sich in einen Rausch der Bewunderung unserer Obrigkeit zu steigern, geradezu in Hingabe zu der beeindruckend souveränen Figur, die UHBP bei dieser Gelegenheit macht. Oder zu unserem Kanzler Sebastian Kurz, den der mächtige russische Alleinherrscher seinen "Freund" nennt. Und erst zu dieser türkis-blauen Regierung, die nicht streitet, sich nicht versteckt, einen Ministerrat in Brüssel abhält und demnächst den EU-Ratsvorsitz übernimmt.

Und nicht genug des patriotischen Wahnsinns – sogar der ORF erfuhr Gnade, dem es gelang, diesen umstrittenen Superstar der internationalen Politik diesen gefürchteten Big Player auf der Weltbühne für ein einstündiges TV-Interview zu gewinnen. Zugegeben, das war eine Leistung, die jene unseres Kanzlers, sich von Putin einen "Freund" nennen zu lassen, doch um einiges überragt. Aber wehe, Wolf fragt demnächst einen freiheitlichen Politiker so frech wie er es bei Putin tat.

Verteidigungsminister Kunasek könnte da leicht einmal zum Opfer werden, so hart wie er in seinem Ressort durchgreift, wo es um die Sicherheit Österreichs geht. Wo FPÖ-Politiker Verantwortung tragen, werden linke Fehlentwicklungen beendet. Ein Beispiel ist für "Zur Zeit" der Verteidigungsminister, denn in seinem Ministerium verzichtet er künftig in "amtlichen Schriftstücken" auf getrenntgeschlechtliche Formulierungen und auf "Binnen-I"-Konstruktionen.

Die Würdigung dieser freiheitlichen Heldentat – längst wäre der Maria-Theresien-Orden fällig – nimmt zwei Druckseiten in Anspruch, was nötig ist, gilt es doch auch, die sprachwissenschaftlichen Qualitäten Kunaseks zu preisen. Damit bricht das Verteidigungsministerium mit einem wirkmächtigen (feministischen) Dogma. Der Grundsatz zur "sprachlichen Gleichbehandlung" basiert aber auf einer ebenso ideologischen wie falschen "Lesart" der inneren Logik unserer Muttersprache. Erweist sich ein feministisches Dogma auch noch als wirkmächtig, dann wird es Zeit für eine Generalmobilmachung, und zwar schon aus ästhetischen Gründen, entsorgt Kunasek doch die feministische Sprachverunstaltung. Und Sprachverunstaltung ist ein Revier, aus dem sich deutschnationale Spezialisten der inneren Logik unserer Muttersprache nicht vertreiben lassen.

Zur Festigung der Parteilinie feiert "Zur Zeit" neben Kunasek den großen Philosophen Julius Evola. Der wollte einen "wahrhaft absoluten Faschismus aus reiner Kraft, jedem Kompromiss unzugänglich". Merk's Strache! Evola schrieb u. a. über die "Judenfrage", über das "Mysterium des Grals", über die "arische Lehre vom Kampf und Sieg" und entwarf eine "Metaphysik des Sexus", darin er die heutige Menschheit im materialistischen Zeitalter des Weibes ortet – Hobbys, die einen Freiheitlichen im Zeitalter des Binnen-I eben faszinieren. Er ist daher eine (sic!) jener faszinierenden, einzigartigen Phönixe, die nur der schillernden Asche der Dekadenz entsteigen.

Schade, dass Strache es nie zu einer Phönixin bringen wird. (Günter Traxler, 10.6.2018)