Der Mustang springt deutlich vernehmbar an. Röhrt schon im Stand. Die Umgebung, so sie ihn nicht schon längst wahrgenommen hat, merkt auf. Das Understatement, das Ruhige und Zurückhaltende ist nicht das wesentliche Charaktermerkmal des Ford Mustang. Sehr bullig steht er da, das Orange steht ihm prächtig, wie jede andere Farbe auch, die wesentlichen Werte sind aber die inneren. Fünf Liter Hubraum, acht Zylinder, 450 PS. Das soll man ruhig auch hören.

Denken Sie sich beim Mustang den Sound dazu, aber nicht an den Verbrauch.
Foto: Guido Gluschitsch

Tatsächlich gibt es auch so etwas wie einen Nachbarschaftsmodus, man kann den Auspuff auch leiser schalten, um nicht ständig alle zu nerven, aber ganz ehrlich, wir kamen nicht dazu, das auszuprobieren. Jetzt im Nachhinein wäre das natürlich spannend gewesen, aber solange man drin sitzt, will man nicht leise und unauffällig sein.

Watschen

An einer zweiten Erkenntnis sind wir ebenfalls gescheitert, nämlich an der direkten Watsche des Benzinverbrauchs. Wir haben in der Weite des Bordcomputers keinerlei Hinweis darauf gefunden, wie hoch denn der Verbrauch sein könnte. Das ist offenbar nicht vorgesehen. Eine vorsichtige Rekonstruktion über die Tankzettel weist in Richtung zwanzig Liter, aber gerade überland kann man mit vorsichtiger Fahrweise einiges einsparen.

Ein Seitenblick, aufgenommen bei der Autowäsche.
Foto: Guido Gluschitsch

Dabei hilft die neue und wirklich außerordentlich komfortable Zehn-Gang-Automatik. Wenn wir es nicht eilig haben, cruisen wir bereits ab 60 km/h bei niedriger Drehzahl im zehnten Gang dahin.

So heftig die Motorisierung geraten ist, so grundsätzlich gemütlich ist der Mustang angelegt: ein Cruiser, das Blubbern des Motors als Melodie. Erst wer die Einstellungen schärft, die Regler Richtung Sport, Rennstrecke oder gar Dragster schiebt, weckt die dunklen Seiten und macht die volle Leistung abrufbar. Die kann auch recht unmittelbar auftreten, da hat man alle Hände voll zu tun und eine Klangwolke an wütenden Posaunen um die Ohren. Und mit Sicherheit einen Verbrauch jenseits der 20 Liter.

Und stellen Sie sich dazu vor, eine Klangwolke aus wütenden Posaunen,
Foto: Guido Gluschitsch

Was den Mustang so sympathisch macht, ist das Ursprüngliche und Unverstellte, hier geht es um Muskeln, die man auch gerne spielen lässt. Und wer zeigt schon einem Bodybuilder im ärmellosen Leibchen den Vogel?

Dazu kommt ein Preis, der einem den Besitz eines sehr ernsthaften und aufsehenerregenden Sportwagens greifbar erscheinen lässt: 70.000 Euro für die Topvariante sind ein gutes Angebot, gerade wenn man das mit den Preisen für einen Porsche vergleicht, auch wenn sich der Mustang nicht mit dem 911er vergleichen lässt. Dass etwa zwei Plastikstangerln mit Schaumgummiaufsatz im Kofferraum des Mustang herumkugeln, mit denen man das offene Verdeck des Wagens abschließen könnte, das wäre bei den Deutschen undenkbar. Aber darüber rümpfen nur arrogante Porsche-Fahrer die Nase, der Mustang-Fahrer ist ein kerniger Kerl, der so etwas gelassen drauf- oder wegsteckt. (Michael Völker, 12.6.2018)

Foto: Guido Gluschitsch

ZWEITE MEINUNG

Wenn demnächst vom Summen unter der Linde die Rede sein wird, sei hier das Gefährt genannt, das die Bienen beinahe übertönt hätte. Vor der Linde brüllte er sein "Ich bin jetzt hier!", und schon war er in Beschlag genommen. Der Mustang – schöne Farbe, lässiger Schnitt, reduziert, ohne Zierde, ein ungehobelter Nackter. Vorn aggressiv und die Hinterseite ein Logo, unverkennbar, damit lässt sich angeben. Das taten wir, verließen den Berg, die Linde. Die Bienen summen heute noch. (ak)