Wichtig ist zu wissen, dass das Besteigen, Lenken und Gasgeben und erst recht das Entsteigen bei Supersportwagen in der ganzen Komplexität gemeinhin oft einigermaßen unterschätzt wird. Das heißt, es ist eine gewisse Konzentration aufs Wesentliche das Mindeste, das einer Beschäftigung mit so einem Juwel der Technik vorauszugehen hat. Dies gilt ganz besonders für Supersportwagen mit berühmter Historie, aber natürlich auch für einen Audi R8, der genauso flach, flundrig und extrovertiert in seinem Auftreten ist wie ein Ferrari oder Lamborghini, nur um die beiden als Erste zu nennen, die einem auch als Erste einfallen.

Ehrliche 540 PS im Audi: Der Motor ist quasi Gast im Fahrraum und gibt den Ton an.
Foto: Guido Gluschitsch

Mit dem gehörigen Respekt gehst du also an die Sache ran. Und siehe da: Relativ geschmeidig versenkst du deinen Körper zwischen V10-Mittelmotor und Lenkrad und findest eine kompakte Armaturenlandschaft ohne grobe Überraschungen vor. Die Reduktion der Anzeigen aufs Wesentliche, aber zugleich ohne geringste Entbehrung lässt dich sagen: So geht's auch. Wer braucht gleich drei oder vier Displays zur Verwirrung?

Freud und Leid

Das Starten des Motors gleicht selbst in der mickrigsten Tiefgarage dem Anwerfen einer monströsen Maschine in einer Kathedrale. Zehn Zylinder ergehen sich in Hall und Echo, in jedem Modus, von Comfort bis Dynamik. Ob man dieses herrliche Geräusch, das allerdings meine Nachbarn nicht zwangsweise begeistern muss, in den Tiefen der Elektronik irgendwo wegkonfiguriert werden kann, wollte ich gar nicht rauskriegen.

Der Zehnzylinder im Glashaus.
Foto: Guido Gluschitsch

Natürlich geht es um die Außenwirkung. Der R8 V10 RWS ist eine auf 999 Stück limitierte Edition, gewissermaßen puristisch reduziert; eine Reduktion, die allerdings nicht in Richtung Entbehrung abdriftet, sondern lediglich die Motorleistung von nur 540 PS in Kombination mit dem Hinterradantrieb statt Allradantrieb betrifft. Damit ist dieser R8 in seiner Art ein wenig verschlankt, der Bewegungsfreude tut das keinerlei Abbruch. Um die Dimensionen zurechtzurücken: Mit 179.200 Euro nackt ist der R8 RWA mit großem Abstand der billigste ernst zu nehmende Mittelmotor-Supersportwagen.

Der teuerste im Vergleich, der billigste ernst zu nehmende Mittelmotor-Supersportwagen
Foto: Guido Gluschitsch

Alsdann: Raus auf die Straße. Zuerst einmal ist anzumerken, dass trotz der sportlichen Statur keine Gefahr besteht, dass dir bei der nächsten Garagenzufahrt gleich ein Spoiler angekratzt wird. Die Alltagstauglichkeit ist abgesehen vom Mikrokofferraum voll gegeben, schließlich wird die schlechte Sicht nach hinten gut über die Rückfahrkamera kompensiert.

Oben, bei Castelmonte.
Foto: Guido Gluschitsch

Dann kommt das Fahren. Der R8 RWS ist der erste und einzige Hecktriebler von Audi, und man muss recht engagiert unterwegs sein, um das überhaupt zu bemerken. Doch dann lässt die Fahrdynamikregelung Spielraum, um das Drängen des Hecks nach außen im Grenzbereich zu spüren. Darüber hinaus genießt du die hochpräzise Fortbewegung und bist froh, wieder ohne Kratzer auszusteigen. (Rudolf Skarics, 12.6.2018)

Foto: Guido Gluschitsch

ZWEITE MEINUNG

Ich kenne keine Frau, die diese Beschleunigung lustig findet, meine tut das jedenfalls nicht – vielleicht hätte ich vorher etwas sagen sollen. Jedenfalls hat sie dann was Grobes und dann länger gar nichts mehr gesagt. Das Auto an sich, dieser flachgebürstete Audi, täte ihr aber gut gefallen, prinzipiell ist das aber kein Frauenauto: Da vorn geht nicht einmal ein Beautycase rein, und hinten lauern sowieso nur die zehn Zylinder. Das gibt einen immer wieder neuen Spannungsraum. (völ)