Die Affäre im Staatsschutz beschäftigt die Abgeordneten erneut. Die Opposition hat 44 Fragen an Innenminister Kickl.

Foto: apa/hans punz

Wien – Nicht gerade begeistert wurde Peter Pilz am Montag bei seinem Comeback im Parlament empfangen. Fast alle weiblichen Abgeordneten verließen am Morgen demonstrativ den Plenarsaal, als der Gründer der Liste Pilz nur wenige Monate nach seinem Rücktritt wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigung wieder als Abgeordneter angelobt wurde.

Im Nationalrat wird sehr emotional über die Folgen der Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorrismusbekämpfung debattiert.
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Heikle Daten

Bei der Sondersitzung zum Thema Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) – bereits der zweiten im heurigen Jahr – trat Pilz auch gleich als Erstredner seiner Fraktion auf. Die Opposition hatte gemeinsam eine dringliche Anfrage an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) eingebracht. Seit Monaten tauchen immer neue Details rund um die umstrittenen Hausdurchsuchungen im BVT am 28. Februar auf.

Zuletzt wurde via "Falter" publik, dass bei der Razzia auch äußerst sensible Daten beschlagnahmt wurden, unter anderem die sogenannte ZQB-Datenbank und das Netzwerk Neptun. ZQB steht für Zentrale Quellen Bewirtschaftung und enthält Daten über BVT-Informanten. Über Neptun kommuniziert das BVT mit anderen europäischen Sicherheitsbehörden.

SPÖ-Abgeordneter Krainer: "Super-GAU"

Für den SPÖ-Abgeordneten Jan Krainer ist das ein "Super-GAU". "Kein Geheimdienst, der noch bei Trost ist, wird noch mit Österreich Daten austauschen, außer vielleicht den Wetterbericht", glaubt er. Und auch Informanten würden sich nicht mehr melden, wenn sie davon ausgehen müssten, dass ihre Daten nicht sicher seien. "Das ist ihr Verdienst", warf er Kickl vor. Krainer wie auch Neos-Chef Matthias Strolz sind überzeugt: Hinter der BVT-Affäre steht der Versuch der FPÖ, Ermittlungen des Verfassungsschutzes gegen Rechtsextreme in der FPÖ zu stoppen. "Der Innenminister ist mit der blauen Brechstange unterwegs", formulierte Strolz.

Der Angesprochene wollte das naturgemäß nicht auf sich sitzen lassen. Kickl holte in seiner emotionalen, von vielen Zwischenrufen unterbrochenen Rede zunächst zu einem Vortrag über die Trennung zwischen Verwaltung und Justiz aus. Nicht das Innenministerium, sondern die Staatsanwaltschaft entscheide, gegen wen ermittelt, wer einvernommen und was beschlagnahmt werde. "Sie sind in der falschen Veranstaltung", richtete er den Oppositionspolitikern aus. Die BVT-Causa ist für ihn folglich "kein Anschlag auf die Sicherheit", sondern ein "Kriminalfall".

44 Fragen

Die 44 Fragen von SPÖ, Neos und Liste Pilz beantwortete er dann im Schnelldurchlauf. Zu einer Gefährdung von Informanten sei es nicht gekommen. Als man erfahren habe, dass die entsprechende Datenbank beschlagnahmt wurde, habe man sofort die Rückgabe bei der Staatsanwaltschaft angefordert und die Daten auch bekommen.

Die Liste habe zudem keine Klarnamen von verdeckten Ermittlern enthalten, Medien habe man ersucht, von einer Veröffentlichung abzusehen, woran sich diese bisher hielten. Auch das Neptun-Netzwerk sei nicht mehr Teil des Aktes bei der Staatsanwaltschaft, meinte Kickl, der nach wie vor an das Vertrauen ausländischer Dienste glaubt.

Eine Woche vorher angefragt

Neu war dann die Aussage des Ministers, wonach der Leiter der Einsatztruppe gegen Straßenkriminalität, der FPÖ-Bezirkspolitiker Wolfgang Preiszler, bereits eine Woche vor der Hausdurchsuchung erstmals wegen eines möglichen Einsatzes kontaktiert wurde.

Pilz sah darin prompt die Theorie bestätigt, dass die FPÖ alles "von langer Hand" vorbereitet habe, und hinterfragte den Ablauf kritisch. Zur Erinnerung: Die Hausdurchsuchung wurde erst in der Nacht vor dem Einsatz von einem Journalrichter mündlich genehmigt. Pilz glaubt: Hätte man die Razzia bereits vorher beantragt, hätte ein Richter den Fall genauer geprüft und die Hausdurchsuchung nicht genehmigt.

Misstrauensantrag abgelehnt

Kickls Konter: Preiszler sei nur ganz allgemein über einen möglichen Einsatz informiert worden, habe also nicht gewusst, dass es um das BVT gehe. Pilz gehe es nur um Skandalisierung, die sich wohl auch im Untersuchungsausschuss fortsetzen werde.

Der von der Opposition eingebrachte Misstrauensantrag gegen Kickl wurde von ÖVP und FPÖ erwartungsgemäß abgelehnt. Mit einigen kritischen Bemerkungen ließ aber auch ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon aufhorchen. Er kritisierte, dass die Staatsanwaltschaft aktuell viel Macht bei strafrechtlichen Verfahren habe, und bezeichnete auch die Hausdurchsuchung als "überschießend".

Ins Bild passt: Mittlerweile wurde laut "Kurier" auch die Suspendierung eines dritten BVT-Beamten vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben. Kickl ging darauf nicht näher ein, zeigte sich aber "verwundert" über die Urteile der Verwaltungsgerichte. (go, 11.6.2018)