"Es ist unsere Pflicht, zu helfen und eine humanitäre Katastrophe zu verhindern, indem wir diesen Menschen einen sicheren Hafen bieten", erklärte Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez am Montag. Die Aquarius der Hilfsorganisationen SOS Mediterranée und Ärzte ohne Grenzen konnte danach Kurs auf den Hafen von Valencia nehmen.

Das Rettungsschiff war seit Sonntagabend zwischen maltesischen und italienischen Hoheitsgewässern blockiert gewesen, nachdem Italiens Innenminister Salvini erklärt hatte, dass die Häfen für das Schiff gesperrt würden. An Bord der Aquarius befinden sich 629 Flüchtlinge, darunter 123 unbegleitete Minderjährige, elf Kinder und sieben schwangere Frauen.

Streit mit Malta

Ausgelöst wurde die Blockade durch einen Streit zwischen Italien und Malta über die Frage, wer die Flüchtlinge aufnehmen soll. Salvini stellte sich auf den Standpunkt, dass Valletta der am nächsten gelegene "sichere Hafen" sei und es deshalb keinen Grund gebe, warum die Flüchtlinge nach Italien gebracht werden müssten. Diese Haltung war in einer Sondersitzung der italienischen Regierung von Premier Giuseppe Conte und vom Regierungspartner der Lega, der Protestbewegung Cinque Stelle, gestützt worden. "Wir sind besorgt über den Richtungswechsel der italienischen Regierung", erklärte der maltesische Regierungschef Joseph Muscat auf Twitter. Die Sperre der Häfen verstoße gegen internationale Gesetze und schaffe "eine gefährliche Situation für alle Beteiligten". Auch in Italien selbst und innerhalb der Regierungspartei Cinque Stelle wuchs das Unbehagen über Salvinis Vorpreschen. So haben die Bürgermeister von Palermo, Messina und Neapel angeboten, ihre Häfen zu öffnen. Das tat auch der Bürgermeister von Livorno, Filippo Nogarin von Cinque Stelle. Dann wurde er zurückgepfiffen.

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Viele mussten sich auf der "Aquarius" aus Platzmangel im Freien aufhalten; theoretisch könnte das Schiff nur 550 Personen aufnehmen.
Foto: Karpov/handout via REUTERS

Salvini ließ sich von der Kritik nicht beeindrucken – im Gegenteil. Vor dem Angebot aus Madrid hatte der Innenminister und Chef der Lega durchblicken lassen, dass die Häfen auch für andere private Rettungsschiffe gesperrt werden könnten. "Heute wartet auch die deutsche Sea Watch 3 vor der libyschen Küste, um zum x-ten Mal Immigranten aufzunehmen und sie dann nach Italien zu bringen. Aber Italien hat aufgehört, den Kopf zu senken und zu gehorchen. Diesmal sagen wir Nein", schrieb Salvini auf seiner Facebook-Seite.

Leben zu retten sei eine Pflicht, aber Italien dabei in ein Flüchtlingslager zu verwandeln gehe nicht. Es reiche jetzt, so Salvini: "Basta!"

Nachdem Madrid sich solidarisch erwiesen hatte, triumphierte Salvini: "Sieg! 629 Immigranten an Bord der Aquarius fahren Richtung Spanien. Offensichtlich zahlt es sich aus, wenn man laut wird."

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Die Aquarius auf einem Foto aus dem Vorjahr.
Foto: AP Photo/Darko Bandic

Italien fordert seit vielen Jahren eine Reform des Dublin-Vertrags. Rom pocht auf eine automatische Verteilung der Flüchtlinge auf alle EU-Mitgliedsländer. Die kürzlich vorgestellte Minireform, die am letzten EU-Innenministertreffen diskutiert wurde, geht Italien viel zu wenig weit.

Salvinis Vorgänger im Innenministerium, der Sozialdemokrat Marco Minniti, bezweifelt, dass die Schließung der Häfen die richtige Strategie sei, um Europa zum Einlenken zu bewegen. "Ich befürchte, dass uns dies nur weiter isolieren wird", sagte Minniti zu La Repubblica.

Der Exminister hatte im Juni 2017 ebenfalls einmal mit der Schließung der Häfen für NGO-Schiffe gedroht – aber damals waren an einem einzigen Wochenende 13.500 Flüchtlinge nach Italien gebracht worden. Jetzt sei es um ein Schiff mit gerade einmal gut 600 Menschen gegangen.

Derzeit könne von einer Notlage keine Rede sein, die Zahl der Migranten sei im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr um über 80 Prozent gesunken. (Dominik Straub aus Rom, 11.6.2018)