Das Wiener Duo Klitclique veröffentlicht sein Debütalbum "Schlecht im Bett, gut im Rap". Mit schlauem Humor bricht es den Testosteronüberschuss des Genres.

Foto: Elsa Okazaki

Keine komplexen Doppelreime, keine harten Punch lines, kein ausgefeilter Flow. Die Beats sind eher trashig, die Themen angesiedelt zwischen Hefepilz und Kunstmarkt. Trotzdem heißt Klitcliques Debütalbum Schlecht im Bett, gut im Rap.

Im Sinne der obligatorischen Auslotung von Genregrenzen entstehen zurzeit im Mainstream wie in Subkulturen Hybride aus Kunst und Musik: Das reicht von Beyoncés Lemonade, das Album und Kurzfilm mit Botschaft war, bis zu Underground-Kollektiven wie den Römischen Votzen, die Deutschrap und Performance nutzen, um die Geschlechtertrennung am Klo abzuschaffen. Womit man schon nah an dem dran ist, was das Wiener Duo Klitclique produziert.

Kunstmarktprobleme

Dessen Entstehung gleicht einer einziger Störung. G-Udit und $chwanger nennen sich die zwei von Klitclique. Seit den Nullerjahren stiften sie Unfrieden in Männerdomänen. "Als wir Teenager waren, gab es keine Frauenräume, in die wir gehen konnten", sagt G-Udit. Also gingen sie zuerst in die Graffiti-Szene, dann auf Konfrontation in den Battle-Rap-Ring.

Anstatt ihre Gegner mit Technik oder poetischer Raffinesse verbal zu filetieren, arbeiteten Klitclique mit Irritation und Selbstironie. Die Texte wurden nicht von langer Hand vorbereitet, sondern improvisiert. Das war zwar Freestyle im wahrsten Sinne des Wortes, aber nicht in dem Sinne, der gefragt war.

KLITCLIQUE official

Auch im klassischen Kunstbetrieb wurde eher der Kopf geschüttelt als zum Beat genickt. Die beiden Kunstakademie-Absolventinnen dürften mit Texten wie "Dein Galerist kauft dir Kokain / damit du schneller stirbst" nicht ganz kunstmarktkompatibel gewesen sein.

2015 begannen G-Udit und $chwanger mit dem Produzenten Mirza Kebo intensiver an ihrer Musik zu arbeiten. Immer die Kontrolle im Produktionsprozess zu behalten, anstatt fertige Beats vorgelegt zu bekommen, das war ihnen wichtig. Im Dunstkreis der Burschenschaft Hysteria entstand zudem ein Netzwerk, das den Austausch förderte und Experimente ermöglichte.

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Dort beschäftigte man sich weniger mit den müßigen genretypischen Authentizitätsdiskussionen oder den Regeln der Galeristen, sondern versuchte Synergieeffekte herzustellen. Das Video zu Der Feminist ging 2016 online und zeigt unter anderem die preisgekrönte Choreografin Florentina Holzinger. Mit ihr oder der Elektronikerin Fauna arbeiteten sie öfters zusammen, auf Deutschland-Tour ging die Clique mit der Autorin Stefanie Sargnagel. Auf dem Track 50.000 spricht diese das Intro, bevor G-Udit und $chwanger den Bachmannpreis für Sargnagels Literatur fordern. Die beschreiben sie als "Facebook auf Papier": "Gib den Bachmannpreis, 50.000 Euro, du Opfer / Stefanie Sargnagel, endlich mal kein Mann."

Ein feministisches Manifest im Sinne der Gleichberechtigung ist Schlecht im Bett, gut im Rap nicht. Analog zu den Zielen der Hysteria fordern Klitclique in ihren Texten das "Goldene Matriarchat". Der verstorbenen Kärntner Malerin Maria Lassnig ("Karriere-Bitch mit 90 / Sie malt nur sich") wird eine Hymne gewidmet, der Hefepilz Candida zu einer Art Reinkarnationsgöttin stilisiert.

Niederschwelliger Zugang

Klitclique bewegen sich mit ihrer Kunst zwischen Comedy, Performance, Gesellschaftskritik und Selbstironie mit_Rap wie man es aus queeren Hip-Hop-Szenen kennt. Live schlägt der hohe Entertainment-Faktor der routinierten Improvisateurinnen zu Buche: In banale Assoziationsketten schleichen sich humorvolle Pointen ein.

Kunstmarkt und feministische Diskurse werden zwar persifliert, inhaltlich bleibt die Clique dennoch insiderisch. Selbst wenn das Duo um einen niederschwelligen Zugang bemüht ist – Gratis-Download des Albums und Konzerte bei freiem Eintritt –, haben die meisten Fans wohl doch schon einmal eine Uni von innen gesehen.

Dazu passt das Finanzierungsmodell. Die Albumproduktion des auf Vinyl erscheinenden Debüts wurde im Rahmen der Kulturförderschiene Shift unterstützt.

Wenn G-Udit auf dem Einstiegstrack des Albums "Steuergeld, Oida, freu dich für mich" jodelt, kokettiert sie mit dem Vorwurf, dass Künstlerinnen es sich auf Kosten des Steuerzahlers gemütlich machen würden.

In der Blase, in der man Klitclique bis dato kennt, kam es bisher zu wenigen Missverständnissen. Dass es um Spaß geht, um Solidarität unter Frauen und den Mut, Bühnen ohne Angst zu erobern, ist eine Botschaft, die ankommt. Provoziert fühlt sich dort niemand vom Sound des Matriarchats. (Amira Ben Saoud, 12.6.2018)