Die SPÖ sprach sich zwar gegen das Freihandelsabkommen Ceta aus, bei der Bildsprache besteht jedoch noch etwas Aufholbedarf.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Mit einer Schautafel wies Jörg Leichtfried (SPÖ) darauf hin, dass Vizekanzler und Heinz-Christian Strache in der Opposition noch größter Ceta-Kritiker war.

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Wien – Der Nationalrat hat am Mittwoch mehrheitlich das umstrittene transatlantische Handelsabkommens Ceta ratifiziert. Die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ sowie die Neos stimmten für den Handelspakt zwischen der Europäischen Union und Kanada, SPÖ und Liste Pilz waren dagegen. Ein SPÖ-Antrag für eine Volksabstimmung zu Ceta fand keine Mehrheit. ÖVP, FPÖ und Neos stellten sich gegen ein solches Vorhaben.

Das umstrittene Handelsabkommen CETA wurde am Mittwoch vom Nationalrat beschlossen.
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Das in der Vergangenheit von der SPÖ befürwortete und von der FPÖ bekämpfte Abkommen soll durch den Wegfall von Zöllen und Handelshemmnissen das Wirtschaftswachstum ankurbeln und Jobs schaffen. Ceta-Befürworter weisen auf die positiven wirtschaftlichen Impulse von Freihandel hin, Kritiker die Aufweichung von Umwelt- und Sozialstandards.

Der Pakt enthält unter anderem Bestimmungen über den Marktzugang für Waren, Finanzdienstleistungen, öffentliche Beschaffungen, geistiges Eigentum, Handel und nachhaltige Entwicklung sowie Transparenz und Streitbeilegung. Letztere ist in einem eigenen Abschnitt normiert, der detaillierte Regelungen über Konsultations- und Mediationsverfahren sowie Schiedsverfahren vorsieht.

Öffentliche Schiedsgerichte

Vorgesehen sind Schiedsgerichte, die öffentlich, nicht privat sein sollen – ein Unterschied zur Ad-hoc-Schiedsgerichtsbarkeit anderer internationaler Investitionsabkommen. Verfahren sollen transparent, Dokumente öffentlich und eine Berufungsmöglichkeit gegeben sein. Für Mitglieder des Investitionsgerichts sollen strenge Ethik- und Unvereinbarkeitsregeln gelten. Trotzdem stehen sie bei NGOs in der Kritik. Ein Volksbegehren gegen Ceta und Co im Jänner 2017 schaffte mehr als 560.000 Unterstützungsunterschriften.

Weite Teile von Ceta sind bereits am 21. September 2017 vorläufig in Kraft getreten. Das betrifft etwa den Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen. Bei sensiblen Agrarprodukten wurden allerdings Marktzugangsquoten für Kanada vereinbart. Grundsätzlich ist Ceta ein sogenanntes gemischtes Abkommen, da es Kompetenzen sowohl der Europäischen Union als auch der Mitgliedstaaten berührt. Daher bedarf es für ein endgültiges Inkrafttreten auch der Genehmigung durch sämtliche EU-Länder. Insbesondere die im Abkommen enthaltenen Sonderklagsrechte für Investoren werden erst nach Abschluss des Ratifizierungsprozesses in allen 28 EU-Staaten wirksam.

Viele negative, wenig positive Reaktion

Nach dem Ratifizierungsbeschluss hat es bis zum frühen Mittwochnachmittag viele negative und wenige positive Reaktion gegeben. Die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) begrüßen das Handelsabkommen.

Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer sieht in der Ceta-Ratifizierung freilich eine "exzellente Nachricht" für die österreichische Wirtschaft. Das Ja sei die "richtige Ansage auf die protektionistischen Tendenzen in den USA", so Mahrer laut einer Aussendung vom Mittwoch.

"Die Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und Neos haben heute beschlossen, den politischen Handlungsspielraum der aktuellen und zukünftiger Regierungen und Parlamente massiv einzuschränken", kritisierte hingegen die NGO Attac.

Als "schwarzen Tag für einen fairen internationalen Handel" bezeichnete Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl die heutige Ceta-Abstimmung im österreichischen Nationalrat. "Dass in weiterer Folge auch heimische Arbeitsplätze dadurch gefährdet sein könnten, weil Ceta Konzerne eindeutig bevorzuge, wurde bei der heutigen Abstimmung wohl komplett vergessen", kritisiert Anderl. "Übrig bleiben werden am Schluss die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die für dieses politische Fehlverhalten finanziell geradestehen werden müssen."

Grünen-Chef Werner Kogler kritisierte den Ceta-Beschluss und warnte vor "weiteren bedenklichen Handelspakten", etwa Mercosur oder jenem mit Japan und Indonesien.

Vertauschte Rollen

Die Ratifizierung von Ceta hat im Nationalrat für kontroverse Debatten mit vertauschten Rollen gesorgt. Die SPÖ warf der FPÖ "Verrat" an Wählern und Demokratie vor und beantragte eine Volksabstimmung über Ceta. Die FPÖ wies die Kritik zurück, unterstellte der SPÖ selbst einen "Zickzackkurs" bei Ceta und betonte die "staatspolitische Verantwortung".

Was heute im Parlament geschehe, sei "Verrat", erklärte der SPÖ-Abgeordnete Jörg Leichtfried. Der frühere Minister sprach von "Verrat an den Wählerinnen und Wählern der FPÖ, Verrat am gerechten Österreich, Verrat an der parlamentarischen Demokratie". Mit einer am Rednerpult in Szene gesetzten Schautafel wies Leichtfried darauf hin, dass Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in der Opposition noch größter Ceta-Kritiker war und eine Volksabstimmung über den Handelspakt zwischen der EU und Kanada gefordert hatte. "Strache ist mit dieser Haltung krachend umgefallen", so Leichtfried.

Proteste vor Beschluss

Zahlreiche Appelle gingen am Mittwoch nochmals an die ÖVP, FPÖ und Neos, den Ceta-Pakt im Nationalrat nicht abzusegnen. Die Plattform "Anders handeln – Globalisierung gerecht gestalten" hielt vor dem Parlamentsausweichgebäude auch eine Demonstration ab.

Greenpeace, Global 2000 und Co erinnerten daran, dass sich laut Umfragen eine Mehrheit der Österreicher gegen Ceta ausspreche und dass ein Volksbegehren gegen Ceta und Co von mehr als 560.000 Bürgern unterzeichnet wurde. SPÖ und Liste Pilz hatten im Vorfeld der Nationalratssitzung angekündigt, erneut eine Volksabstimmung über Ceta zu beantragen. (APA, 13.6.2018)