Die 1980er sind bekannt für eine Reihe bis heute geliebter Spieleklassiker. Die Handelssimulation "Ports of Call" und das Strategiespiel "Defender of the Crown" sind vielen damaligen Gamern noch bis heute ein Begriff. Beide Titel haben eine wichtige Gemeinsamkeit: Für die künstlerische Umsetzung war James "Jim" Sachs verantwortlich. Der 1949 geborene Amerikaner war einst bei der Air Force und fasste in der Games-Branche Fuß, nachdem er sich die erforderlichen Kenntnisse selbst beigebracht hatte.

Sachs beherrschte aber nicht nur Grafik, sondern entwickelte auch selber Spiele. Sein Werk "Saucer Attack" für den Commodore 64 gehörte zu den damals am öftesten illegal kopierten Games. Er selbst beschrieb es einst, als das Spiel "das jeder hatte, aber niemand kaufte".

Sachs' Visualisierung der von Harper Goff gezeichneten "Nautilus".
Foto: Jim Sachs

Faszination "Nautilus"

1986 arbeitete er an einem Amiga-Spiel basierend auf Jules Vernes Buch "20.000 Meilen unter dem Meer" im Auftrag des Publishers Aegis Interactive. Die Arbeit erfolgte unter "stillschweigendem Einverständnis" von Disney, wie Sachs dem STANDARD verrät. Er selbst war vor allem von der vom Künstler Harper Goff gezeichneten Version des U-Bootes "Nautilus" fasziniert und sich deswegen des Projekts angenommen. Disney hatte eine Lizenz auf das Design. Das 1869 erschienene Buch selbst war zu dieser Zeit bereits gemeinfrei.

Monatelang hatte er Grafiken erstellt und am Code gearbeitet. Dann schlug das Schicksal zu.

Das "20.000 Meilen"-Spiel in der später für Disney umgesetzten Demo.
Jim Sachs

Ein Virus macht die Runde

Mitte der 1980er war das Internet als Massenmedium noch in weiter Ferne. Dennoch begann ein später als "SCA" getaufter Virus weite Kreise zu ziehen. Es ist einer der ersten Schädlinge für den Amiga, benannt nach den Urhebern, die sich "Swiss Cracking Association" nannten und sich eigentlich auf die Aushebelung von Kopierschutzmechanismen spezialisiert hatte. Offiziell entdeckt wurde er im November 1987.

Das Schadprogramm war im Prinzip harmlos. Es schrieb sich in den Bootblock von allen eingelegten Disketten mit ausgeschaltetem Schreibschutz, und gab nach einer bestimmten Anzahl von Startvorgängen eine Meldung am Bildschirm aus, die den Nutzer über die Infektion durch "ein weiteres Meisterwerk der SCA" informierte. Entfernen ließ er sich durch ein einfaches Kommando, durch welches das Dateisystem der Diskette wiederhergestellt wurde.

Disketten unbenutzbar

Allerdings nicht immer. Denn so manche Software – die damals stets direkt von Disketten gestartet wurde – nutzte angepasste Bootblöcke mit eigenem Code. So auch Sachs, der damit die Startzeit seines "20.000 Meilen"-Spiels deutlich verkürzt hatte. Der Virus hatte ihn als einen der ersten erwischt und seine Disketten damit unbenutzbar gemacht.

"Gleich als der Virus auf meinem System aufgetaucht war, rief ich Bill Volk bei Aegis an und sagte ihm, ihre Kopie [des Spieles, Anm.] nicht in den Computer zu stecken", schildert Sachs. "Er antwortete: ‚Lustig, dass du das sagst, weil wir haben sie gerade getestet.‘" Der Entwickler unternahm mehrere Versuche, seine Arbeit zu retten, scheiterte jedoch.

Ein weiterer Schnappschuss aus dem Prototypen des Spiels.
Foto: Jim Sachs

"War entmutigt von der Bösartigkeit"

Weil der Virus die Arbeit von vielen Monaten vernichtet hatte, gab er schließlich frustriert auf. "Ich war sehr entmutigt davon, dass in der Computer-Community so eine Bösartigkeit existierte", erinnert er sich. Schätzungen zufolge waren aufgrund der blühenden Piraterie rund 40 Prozent aller Amiga-Besitzer von dem Virus betroffen. Die SCA-Gruppe brachte schließlich selbst eine Software in Umlauf, mit der er sich wieder entfernen ließ.

Wo er sich den Schädling eingefangen hat, kann Sachs nicht mit Sicherheit sagen. Er vermutet jedoch, dass es im Rahmen seiner Arbeit geschehen war. Denn er hatte den Prototypen des Spiels auf zahlreichen Shows und vor User Groups vorgestellt und die Disketten dabei in zahlreiche fremde Amiga-Rechner eingesteckt.

Der Intro-Screen des Prototypen.
Foto: Jim Sachs

Zweiter Versuch scheiterte an Disney

1988 machte er sich schließlich wieder an die Arbeit an einem Spiel zu "20.000 Meilen", diesmal nach direkten Verhandlungen mit Disney. Dort zeigte man Interesse und ließ Sachs ein Demo-Video anfertigen. Letztlich entschloss man sich aber, das Videospiel nicht zu finanzieren.

Sachs vermutet, dass die Ablehnung damit zu tun hat, dass er das Angebot ausgeschlagen hatte, ein Spiel zum kurz vor dem Start stehenden "Roger Rabbit"-Film umzusetzen, obwohl Regisseur Steven Spielberg sich seine Mitarbeit gewünscht hatte. Abgelehnt hatte er, weil zum Leinwanddebüt nur noch etwa ein Monat Zeit war.

Das Game zu "Who Framed Roger Rabbit" wurde schließlich von einem Studio namens Silent Software umgesetzt und erhielt überdurchschnittliche Wertungen. Der Film stieß auf positives Echo und beeindruckte vor allem durch die Kombination von Realfilm und Zeichentrick. (Georg Pichler, 8.07.2018)